Ganz im Zeichen der Uni-Integration
50 Jahre Theologische Hochschule und Priesterausbildung in Erfurt

Erfurt (mh) -Als eine "Enklave der Freiheit" zu DDR-Zeiten und als wichtigen Bestandteil in der heutigen Hochschullandschaft Thüringens hat Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) die Theologische Fakultät Erfurt gewürdigt. Thüringen könne auf dieses Zentrum theologischer Ausbildung stolz sein, sagte Vogel beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen der katholischen theologischen Hochschule und der Priesterausbildung in der Erfurt. Die bevorstehende Integration der bisher in kirchlicher Trägerschaft stehenden Fakultät in die Erfurter Universität sei "Anerkennung und Respekt für die geleistete Arbeit". Er gehe davon aus, dass die Verhandlungen noch in diesem Jahr zu einem "guten Abschluss" kommen. Eine katholische Fakultät in den neuen Ländern müsse sein. Nicht nur die Wendezeit, auch die letzten Wochen in Erfurt hätten gezeigt, "wie wichtig die Kirchen sind", sagte Vogel mit Blick auf die Ereignisse nach dem Amoklauf an einem Gymnasium der Stadt.
Als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) unterstrich deren stellvertretender Vorsitzender, Bischof Heinrich Mussinghoff (Aachen) im Festvortrag die Notwendigkeit der Erfurter Fakultät. "Rein rechnerisch" hätten die im westlichen Teil Deutschlands bestehenden Einrichtungen alle Ausbildungsbedürfnisse hinsichtlich des theologischen Nachwuchses decken können. Dennoch habe sich auch die DBK für den Fortbestand der Erfurter Fakultät eingesetzt.
Katholische Theologie hat auch im Osten ihren Platz
Als Gründe dafür nannte Mussinghoff, der auch Vorsitzender der Hochschul-Kommission der DBK ist, unter anderem: die Überzeugung, dass katholische Theologie in der ostdeutschen Hochschullandschaft nicht fehlen dürfe sowie die speziellen ostdeutschen Gegebenheiten, die von Kirche und Theologie eine eigenständige theologische und pastorale Antwort erforderten. "Ich bin mit Ihnen dankbar, dass wir heute die Realisierung dieser Vision mit Ihnen gemeinsam begehen können. Dass dieser Weg beschritten und die vertraglichen Grundlagen für die Integration der Theologischen Fakultät in die Universität fast vollendet werden konnten, ist vielen zu danken", sagte Mussinghof. Für die Zukunft erhoffe er sich auch, dass die Erfurter Fakultät aufgrund ihrer Geschichte und geografischen Lage ein "Brückenkopf zu den ost- und südosteuropäischen christlichen Glaubenstraditionen und Lebenswelten" werden könne. Schon zu DDR-Zeiten sei die Hochschule hinter dem Eisernen Vorhang ein "Leuchtturm in unwirtlicher See" gewesen. Ihre Wirkung sei weit über Deutschland hinaus gegangen, was sich an der Ausbildung der Untergrundpriester für die damalige Tschechoslowakei beispielhaft zeigen lassen.
An wichtige Stichworte der 50-jährigen Geschichte erinnerte der Berliner Kardinal, Erzbischof Georg Sterzinsky, in der Predigt des Festgottesdienstes. Die Errichtung einer eigenen Priesterausbildung in der DDR sei "nach menschlichen Maßstäben unklug" gewesen, "aber sie war notwendig, wenn die Kirche hier ihre Aufgabe erfüllen sollte. Und das wollte sie." Ein besonderer Dank ging in diesem Zusammenhang an das Bonifatiuswerk in Paderborn, das die Erfurter Priesterausbildung immer in besonderer Weise unterstützt habe.
Sterzinsky erinnerte auch an "manche Enttäuschung und menschliches Versagen" im Laufe der 50 Jahre. "Wollte man es aber abwiegen, die Früchte würden sich als bedeutender erweisen". Auch unter den veränderten Bedingungen bleibe die Erfurter Einrichtung notwendig, damit die Kirche ihre Aufgabe erfüllen könne. Ohne die Fakultät wäre "nicht nur die Kirche unserer Region ärmer. Auch der Gesellschaft und allen Menschen würde Wichtiges fehlen", so Sterzinsky.
Das bestätigte der Präsident der Erfurter Universität, Wolfgang Bergsdorf, in seinem Grußwort: Durch die Integration der Theologischen Fakultät in die Universität "erhoffen wir uns eine enorme Bereicherung in der interdisziplinären Verknüpfung." An die Adresse der Lehrkräfte und Studenten der Fakultät sagte er: "Wir hoffen, Sie bald ganz an der Universität begrüßen zu können". Viele kleine Schritte der Zusammenarbeit hat es in den vergangenen Jahren schon gegeben. Auch die Wahl des Raumes für den Festakt -er fand im Auditorium maximum der Universität statt -sollte ein Zeichen sein, sagte Eberhard Tiefensee, Rektor der Theologischen Fakultät: "Der Lebensraum der Theologie ist die Universität"
Machen Sie anderen Mut zur Theologie!
Wenn nun für die katholische Theologie in Erfurt ein neues Kapitel beginnt, hängt der Erfolg auch wesentlich davon ab, dass junge Menschen sich für das Studium dieser Wissenschaft interessieren. Und so war das Schlusswort des Erfurter Bischofs Joachim Wanke eine Aufforderung an die Anwesenden, von denen die überwiegende Mehrzahl in Erfurt Theologie studiert hat: "Machen Sie anderen Mut auf die Theologie."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 30.05.2002