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Aus der Region

Chance für die Kirche: Diakonat

Der Magdburger Weihbischof Feige im Interview

An diesem Sonntag wird besonders um geistliche Berufungen gebetet. Einer dieser Berufe ist das Ständige Diakonat. Der Tag des Herrn sprach mit dem Magdeburger Weihbischof Gerhard Feige, der als Kirchenhistoriker mit der Geschichte des Diakonats vertraut ist und als Personalreferent für den Einsatz von Diakonen Verantwortung trägt.

Herr Weihbischof, seit gut 25 Jahren gibt es im Bistum Magdeburg Ständige Diakone, vor bereits gut 30 Jahren wurde der erste Diakon im Bistum Erfurt geweiht ... Ist die Wiedereinführung dieses über 1000 Jahre vergessenen Amtes in unseren Breiten zu einer Bereicherung für die Kirche geworden?
Auf jeden Fall, auch wenn bis heute nicht richtig geklärt ist, was das Spezifische des Ständigen Diakons ausmacht. Ich habe große Hochachtung vor den Männern und ihren Familien, die sich in den zurückliegenden Jahrzehnten auf diesen Dienst und damit auf ein Experiment eingelassen haben. Ohne ihren Einsatz wäre unsere personelle Situation in der Seelsorge hier im Bistum Magdeburg noch kritischer. Aber es gibt eben einige Unsicherheiten in der Bestimmung und Ausübung dieses Dienstes.
In welcher Hinsicht?
Die aus der frühen Kirche überlieferten Quellen über den Einsatz von Ständigen Diakonen zeigen kein uniformes Berufsbild. Aus ihnen geht vielmehr hervor, dass Diakone in vielgestaltiger Weise eingesetzt waren, um auf die Nöte und Bedürfnisse von Menschen in konkreten Verhältnissen einzugehen. Während manche Autoren den Diakon als Mitarbeiter und Berater eines Bischofs sehen, werden in anderen Quellen Diakone mit Presbytern und Bischöfen zu den Teilhabern am priesterlichen Amt gezählt. Es gab das eher karitativ orientierte Engagement für die Armen. Vereinzelt gab es aber offensichtlich auch Diakone, die Gemeinden leiteten und sogar die Messe zelebrierten oder im Notfall befugt waren, das Bußsakrament zu spenden.
Im Bistum Magdeburg sind die meisten Diakone als Seelsorger in den Gemeinden tätig. Hat sich hier aus den Nöten der Diasporasituation ein Profil entwickelt?
Wenn wir nicht unseren personellen Zwängen unterliegen würden, wünschte ich mir, die Diakone wären - in Rückbindung an eine konkrete Gemeinde oder im Einzelfall direkt an den Bischof - stärker in der Sonderseelsorge zum Beispiel in Krankenhäusern, in Justizvollzugsanstalten, in der Arbeit mit Behinderten oder in der offenen Jugendarbeit tätig. Sind sie in der Gemeindepastoral eingesetzt, sollte dies in enger Zusammenarbeit und Arbeitsteilung mit einem Pfarrer geschehen. In der DDR-Zeit wurden unsere Diakone nicht zuletzt auch aus dem praktischen Grund, ihnen und ihren Familien eine geeignete Wohnung bieten zu können, in leerstehende Pfarrhäuser gesetzt. Dies muss heute gut überlegt sein.
Soll der Einsatz der Ständigen Diakone im Bistum Magdeburg also mittelfristig anders erfolgen?
Im Rahmen unserer Planungen für die künftige Seelsorge sollen in manchen Pfarrzentren möglichst ein leitender und ein zugeordneter Priester sowie ein Diakon oder Gemeindereferent eingesetzt werden. Der Diakon könnte dabei das karitativ-moralische Gewissen des Seelsorgeteams sein. Ich tendiere dazu zu sagen, Ständige Diakone sollten vorrangig soziale und erst in zweiter Linie damit verbunden seelsorgliche Aufgaben übernehmen.
Gerade im karitativ-seelsorglichen Einsatz im Dienst an Kranken, Behinderten und Senioren stoßen Ständige Diakone nicht selten an die Hürde, längere Zeit Menschen zu begleiten, aber weder Krankensalbung noch Bußsakrament spenden zu dürfen ...
Über diese Frage muss in der Kirche intensiv nachgedacht werden.
Im Bistum Magdeburg gibt es inzwischen einen Diakon im Nebenberuf? Eine Notlösung aus finanziellen Gründen?
Diakone im Nebenberuf, wie es sie in etlichen westlichen Diözesen der Bundesrepublik gar nicht so selten gibt, könnte man im besten Sinne mit den französischen Arbeiterpriestern vergleichen: Sie üben ihre Berufung nicht nur nach ihrer sonstigen Arbeit, sondern ganzheitlich in ihr aus. Mancher wird dabei sogar zum anonymen Betriebsseelsorger. Ich bin aber der Meinung, dass wir auch weiterhin Diakone im Hauptberuf brauchen.
Ist der Einsatz von Diakonen eine Notlösung oder bietet ihr Dienst auch besondere Chancen?
Ständige Diakone haben - wenn sie in einem zivilen Beruf tätig sind oder waren und auch durch ihre Familien - manchmal größere Chancen als die Priester, Menschen in den unterschiedlichsten Situationen und an den Schnittstellen des Lebens mit dem Evangelium bekannt zu machen. Wichtig ist dabei allerdings, dass die Ehefrauen und Kinder diesen Dienst mittragen.

Interview: Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 03.05.2001

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