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Bischof hofft auf ökumenische Zweitauflage

5000 evangelische Christen kamen zum Begegnungs-Kirchentag - Bischof Müller war als Gast dabei

Kirchentagsgäste: Bischof Müller, Oberbürgermeister Karbaum und seine Frau Gabriele.

Görlitz -Bischof Rudolf Müller zeigte sich gut gelaunt. Er saß in der ersten Reihe und sang lauthals aus einem dreisprachigen Liederbuch den Choral "Nun danket alle Gott". "Ich habe mich hier gleich zu Hause gefühlt", sagte er nach der Veranstaltung auf dem Görlitzer Obermarkt. "Die Feier ist in der Art, wie wir Katholiken es tun." Müller, der extra die Fronleichnamsprozession um einen Tag verschoben hatte, war Gast des internationalen Begegnungs- Kirchentags, der vom 31. Mai bis 2. Juni in den evangelischen Kirchengemeinden der schlesischen Oberlausitz stattfand. An dem Treffen hatten rund 5000 Christen teilgenommen, darunter etwa 1500 Besucher aus Polen, Tschechien und der Slowakei sowie 1200 aus der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Oldenburg, die seit 50 Jahren durch eine Partnerschaft mit der schlesischen Kirche verbunden ist.

Höhepunkt war die zentrale Versammlung am Samstagnachmittag auf dem Görlitzer Obermarkt, an der sich sieben evangelische Bischöfe aus vier Nationen beteiligten. Die leitenden Geistlichen aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Görlitz und Oldenburg riefen zu einer Verstärkung der Kontakte zwischen Ost und West auf und zu einem Abbau der Vorurteile zwischen den europäischen Völkern. Es sei wichtig, dass noch mehr Verbindungen über Grenzen und Sprachbarrieren hinweg entstehen, sagte der gastgebende Bischof der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz, Klaus Wollenweber. Für Christen gebe es keine Ländergrenzen mehr, da diese "im gemeinsamen Glauben überwunden" würden.

Der Synodalsenior der Böhmischen Brüder, Pavel Smetana (Prag), rief die Christen dazu auf, an der Versöhnung zwischen den Nationen zu arbeiten. Vor allem das Verhältnis zwischen Tschechen und Deutschen sei bis heute belastet. Die Vertreibung der drei Millionen Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg liege "schwer auf dem Gewissen der tschechischen Nation", sagte Smetana. Weiter mahnte er an, dass die Benes-Dekrete, die Grundlage für die Enteignung und Vertreibung der Sudetendeutschen, nicht zu Wahlkampfzwecken missbraucht werden dürften.

Im Rahmen des Kirchentags, der unter dem Motto "Gemeinsam auf den Weg" stand, fand zugleich ein Landesjugendtag mit rund 600 Teilnehmern aus dem In- und Ausland statt. Den Besuchern von Jugend- und Kirchentag wurde den gesamten Samstag über in der Görlitzer Altstadt ein buntes Programm geboten: "Begegnungen mit der Bibel" zur Geschichte der Emmaus- Jünger, Gesprächsforen zu Gewalt in der Familie oder zu "Chancen und Risiken der EU-Erweiterung”, Diskussionsrunden, Tanz, Pantomime und viel Musik, die von böhmischer Blasmusik bis zu polnischem Blues reichte. Dicht umlagert waren die über 80 Stände von Initiativen und Einrichtungen aus Kirche und Diakonie. Am Freitagabend und Sonntagmorgen fanden Gottesdienste und Begegnungen in rund 50 Gemeinden in den Kirchenkreisen Görlitz, Hoyerswerda, Niesky und Weißwasser statt. Dort waren mehr als 2000 Teilnehmer in Privatquartieren untergebracht worden.

Auch an die Fußballfreunde wurde auf dem Kirchentag gedacht: Die Görlitzer Stadtjugendarbeit hatte an der Dreifaltigkeitskirche einen Fernseher aufgestellt. Und beim WM-Spiel gegen Saudi-Arabien spielte sogar die deutsche Fußballnationalmannschaft im Sinne des grenzüberschreitenden Begegnungstreffens: Drei Tore schoss ein Stürmer namens Miroslav Klose -er ist in Polen geboren und aufgewachsen.

Zum Schluss lud der Synodalsenior der Böhmischen Brüder, Smetana, zum nächsten Begegnungs- Kirchentag ein, der für 2004 oder 2005 in der Tschechischen Republik geplant ist. Der Wunsch von Bischof Müller für dieses Treffen: "Ich hoffe, dass auch wir Katholiken bei der nächsten Länderbegegnung dabei sein werden."

Uwe von Seltmann

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 23 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.06.2002

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