Engagiert für die Anliegen von Senioren
Naumburger Luisenhaus besteht 100 Jahre / Zukunft der Altenpflege im Blick

Naumburg (ep) -Anna Bergelt (92) lebt seit fünf Jahren im Luisenhaus Naumburg. Als sie sich entschloss, professionelle Unterstützung für ihr weiteres Leben im Alter in Anspruch zu nehmen, war es zunächst der Schritt in das betreute Wohnen des Luisenhauses. "Ich hatte meine kleine Wohnung, habe mir Frühstück und Abendessen selbst gemacht und bin zum Mittagessen immer ins Altenpflegeheim gegangen", erzählt Frau Bergelt. "Wenn ich Hilfe brauchte, kam jemand, ansonsten habe ich mich selbst versorgt."
Seit drei Jahren nun wohnt die inzwischen 92-Jährige im Altenpflegeheim des Luisenhauses, hat ihr eigenes Zimmer, lebt mit anderen Senioren Tür an Tür im Wohnbereich "Klein Paris" und wird umsorgt. Soweit es ihre Gesundheit zulässt, nimmt Frau Bergelt an Angeboten im Haus teil, die von Seniorengymnastik bis Backstunde reichen. Zudem ist sie Mitglied im Heimparlament. Mit den äußeren Bedingungen ist Frau Bergelt sehr zufrieden. Was sie und etwa auch Irmgard Würfel (75) jedoch bedrängt, ist die personelle Situation: "Das Personal ist überlastet, die Zeit für Gespräche und persönliche Anliegen ziemlich begrenzt."
Zufrieden mit den Wohnbedingungen
Heimleiter Wolfgang Plehn und seine Mitarbeiterinnen ist dies bewusst, Ursache sind die Finanzierungsschlüssel. Dennoch bemüht sich das Team, den Wünschen und Bedürfnissen der Senioren und acht älteren behinderten Menschen nach Kräften gerecht zu werden.
1902 vom Vaterländischen Frauenverein gegründet, besteht das Luisenhaus in diesen Tagen genau 100 Jahre. Viel hat sich seitdem verändert. Nach dem Zweiten Weltkrieg staatliches Feierabendheim, übernahm die katholische Pfarrei St. Peter und Paul 1991 die Trägerschaft der Einrichtung. Ein Ersatzneubau für das Altenpflegeheim für 60 Bewohner entstand, ein Kur- (z)- Zeit-Pflege-Hotel mit 13 Betten, eine Tagespflegeeinrichtung mit 16 Plätzen, Begegnungsstätten für Senioren der Stadt und das Luisenhauses, ein Wohnheim für ältere behinderte Menschen sowie sechs Wohnhäuser für "Integriertes Wohnen" und "Wohnen im Alter".
Wie in der Gesellschaft überhaupt werden die im Luisenhaus wohnenden Senioren immer älter und damit oft hinfälliger. Zwei Drittel sind demenzkrank. Wolfgang Plehn will deshalb im Altenpflegeheim den gerontopsychiatrischen Bereich ausbauen und dadurch eine angemessene alters-psychiatrische Betreuung der erkrankten Menschen ermöglichen. Dafür erhofft er sich auch eine bessere finanzielle und damit personelle Ausstattung. Kritik übt Plehn an der bisherigen Ausbildungspraxis in der Altenpflege, die zuwenig die für den Umgang mit alten Menschen notwendigen pädagogischen Fähigkeiten im Blick habe. Es sei an der Zeit, dass das neue Altenpflegegesetz, dass diese Seite berücksichtige, endlich greift.
Derzeit ist man im Luisenhaus dabei, erste (vom Gesetzgeber geforderte) Pflegeverträge mit den Bewohnern und ihren Angehörigen zu schließen.
Neue Wege in der Altenpflege
"Gerade bei starker Demenz ist es wichtig, einen guten Kontakt zu den Angehörigen zu haben", sagt Pflegedienstleiterin Barbara Hurik. "Sie kennen den alten Menschen und wissen um seine Bedürfnisse. Und sie müssen seine Pflegestufe beantragen." Allerdings seien im Blick auf die Verträge bei den Angehörigen auch viele Ängste vorhanden.
Das 100-jährige Bestehen des Luisenhauses ist am 4. Juni mit einem Gottesdienst sowie der Einweihung und Segnung der in den letzten Jahren entstandenen Einrichtungen begangen worden. Zugleich wurde ein Jubiläumsjahr eröffnet, in dem nicht zuletzt die Altenpflege selbst thematisiert werden soll. Am Ende wird eine Konferenz unter dem Thema "Zukunft der Altenhilfe -Kollaps oder Chance?" stehen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.06.2002