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Jedes Jahr ein Wunder

Soldaten aus 37 Nationen pilgerten zum Wallfahrtsort nach Lourdes

Deutsche Soldaten an der Erscheinungsgrotte: Jedes Jahr kommen Soldaten aus aller Herren Länder zur Wallfahrt nach Lourdes.

Lourdes/Erfurt -Glauben Sie eigentlich noch an Wunder? In Lourdes wiederholt sich dieses Ereignis seit Mai 1958 jedes Jahr -ausgerechnet zur Internationalen Soldatenwallfahrt. Auch dieses Jahr pilgerten 12 500 Soldaten aus 37 Nationen in den südfranzösischen Erscheinungsort. Wenn aber deutsche Gefreite, polnische Marinesoldaten, englische Brigadiers, österreichische Luftwaffenoffiziere und verwegene französische Fremdenlegionäre an einem Ort zusammen kommen, so geht dies meist nicht lange gut. Anders in Lourdes.

"Nur Ignoranten spotten deshalb über Soldaten, die eine Wallfahrt unternehmen und gemeinsam für den Frieden beten", sagt der Leitende Militärdekan Hartmut Gremler aus Erfurt. Sein Militärbischof Walter Mixa ergänzt: "Obwohl Lourdes in diesen Tagen eine laute und vor Ausgelassenheit überschäumende Stadt ist, heißt das eigentliche Wunder dieser Tage Verständigung und Versöhnung über Grenzen hinweg. Die internationale Begegnung ist ein wichtiger Beitrag zur Völkerverständigung und eine vergleichbare Veranstaltung gibt es weltweit kein zweites Mal." 1858 soll hier an der Grotte am Flüsschen Gave der 14-jährigen Bernadette Soubirous die Gottesmutter Maria erschienen sein.

1958 und 100 Jahre später trafen sich an der Erscheinungsgrotte dann das erste Mal französische und deutsche Soldaten. Die ehemaligen Gegner beteten nur 13 Jahre nach dem Krieg gemeinsam für Frieden und Verständigung. Damals war auch das ein kleines Wunder.

12 Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus pilgern jetzt endlich auch Polen, Ungarn, Ukrainer, Letten, Kroaten und sogar ehemalige NVASoldaten in den südfranzösischen Ort an der spanischen Grenze. Auch das ist wohl wieder ein kleines Wunder.

Thomas Schneider (19) aus Erfurt ist dieses Jahr bei der Grotte sein persönliches Wunder passiert. "Auch wenn es kitschig klingt. Eine kleine Kerze hat zwei Jahre bitterer Enttäuschungen geheilt", strahlt der Bundeswehrsoldat. Plötzlich waren der Jammer über die Nichtzulassung zum Abitur, Beziehungsnarben, dann auch noch die Todesschüsse im Gutenberg-Gymnasium wie weggefegt. Gefreiter Schneider: "Ich habe lange mit dem Militärpfarrer über mein Leben gesprochen. Nachts bin ich dann zur Grotte gegangen. Der Frieden dort und die kleine Kerze haben mir wieder Mut gegeben und meinem Leben ein neues Ziel." Mirko Günther aus Sondershausen ist ungetauft. Trotzdem ist der 26 Jahre alte Oberfeldwebel schon zum zweiten Mal dabei: "Noch Monate später habe ich von den positiven Erfahrungen und tiefen Gesprächen hier gezehrt." Zur Mitfahrt ermunterte ihn sein Militärpfarrer Christian Preis: "Zur Messe wird keiner gezwungen. Die Kameraden erleben Kirche und Glauben ungezwungen. Viele Soldaten aus den neuen Bundesländern sehen hier zum ersten Mal das Weiße im Auge eines Priesters. Eine großartige Chance."

Carsten Kießwetter

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 23 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.06.2002

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