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Aus der Region

Diakon: Engagiert in vielen Aufgaben

Über den Wernigeröder Diakon Schulze

Diakon Rainer Schulze scherzt mit alten Menschen Wernigerode (dw) - Auch wenn er ein eher unverwüstlicher Typ zu sein scheint: Es gibt Augenblicke, da kann auch Rainer Schulze nicht mehr. Sein Zeitplan wird bestimmt von seinen Aufgaben als Familienvater mit zwei Kindern - das jüngere kam erst kürzlich als Pflegekind in die Familie -, als Altenpfleger im Schichtdienst und seit einem Jahr auch als derzeit einziger ehrenamtlich arbeitender Ständiger Diakon des Bistums Magdeburg. "Froh bin ich eigentlich nicht, aber Spaß macht es doch", fasst der Wernigeröder die Widersprüchlichkeit seiner Gefühle in Worte.
Erst kurz vor Abschluss der Diakonatsausbildung hatte er erfahren, dass nicht für alle Kurskollegen Stellen als Hauptamtliche zur Verfügung stehen würden. Zu der Entscheidung, sich unter diesen Umständen trotzdem weihen zu lassen, musste er sich gemeinsam mit seiner Frau erst durchringen. Schon zuvor hatte er sich mehrmals gründlich geprüft, ob er die Berufung mit allen Konsequenzen annehmen kann, beispielsweise auch die Auflage der Kirche, bei Verwitwung nicht wieder heiraten zu können.
Seine Berufung nur wie ein Hobby zu betreiben, kann er sich auf keinen Fall vorstellen. Um sie aber intensiver zu leben, sind am Arbeitsplatz ständig Kompromisse von Nöten.
Da sind die Jugendstunden, die ihm sehr am Herzen liegen, die wöchentliche Dienstberatung im Seelsorgeteam, die Predigten und der Altardienst am Wochenende in Ilsenburg, Wasserleben und Wernigerode - lauter Aufgaben in der Gemeinde, die auf Regelmäßigkeit angelegt sind und sich mit dem Schichtdienst im Job eigentlich nicht vereinbaren lassen.

Um an der Religiösen Kinderwoche teilnehmen zu können, muss Diakon Schulze Urlaub nehmen, für die Dekanatskonferenzen strampelt er sich freie Tage ab. Das Wohlwollen der Kollegen und Vorgesetzten, mit denen er seit elf Jahren in einem Altenheim des Diakonischen Werks zusammenarbeitet, will er nicht überstrapazieren. "Wer heutzutage eine Arbeit behalten will, muss sich dort auch engagieren, an Weiterbildungen teilnehmen und so weiter". Ehrenamtliche Diakone können in ihrem Zivilberuf in besonderer Weise christliches Zeugnis geben, ist manchmal von Kirchenvertretern zu hören, die diese Lebensform noch stärker verbreitet sehen wollen. Für Rainer Schulze hat sich in dieser Hinsicht durch die Weihe wenig geändert: Am Arbeitsplatz als Christ zu leben, hat er auch ungeweiht versucht. "Kann sein, dass meine Macken jetzt etwas kritischer beäugt werden", räumt er ein. Und die einzige sichtbare Änderung: Auf dem Andachtsplan vor der kleinen Hauskapelle steht jetzt nicht mehr "Herr Schulze" sondern "Diakon Schulze", wenn er im Wechsel mit anderen Seelsorgern der Stadt mit dem Wortgottesdienst dran ist.

Zum Glück gibt es in der Wernigeröder St.-Marien-Gemeinde ein gutes Team, freut er sich. Der Pfarrer, der hauptamtliche Diakon oder die Gemeindereferentin versuchen einzuspringen, wenn er Dienstplan und Diakonat nicht unter einen Hut bekommt. Sein Aufgabenfeld wurde nicht nur den Erfordernissen der Gemeinde, sondern auch seinen Möglichkeiten entsprechend abgesteckt. Von den Familienkreisen, die er nach der Weihe anfangs regelmäßig besuchte, musste sich der ehrenamtliche Diakon allerdings wieder verabschieden. Taufen, Trauungen und Beerdigungen konnte er in seinem ersten Diakonatsjahr noch nicht wahrnehmen, und Religionsunterricht gibt er auch nicht. Einfacher lassen sich seine Aufgaben in der Krankenhausseelsorge mit dem Hauptberuf vereinbaren. Ein Krankenbesuch lässt sich oft auch spontan in den Zeitplan einschieben.

Mit besonderer Freude übernimmt er den Predigtdienst, und das keinesfalls nur, weil er ohnehin gern und viel redet: "Damit ist eine hohe Verantwortung verbunden", ist ihm bewusst. Als Familienvater und als Arbeitnehmer im "normalen" Berufsleben kann er bei manchen Themen andere Erfahrungen einbringen als ein Priester. Einen ungewöhnlichen Blickwinkel hat er auch dadurch, dass er erst acht Jahre vor seiner Diakonenweihe getauft wurde und ihm der christliche Glaube deshalb keine Selbstverständlichkeit ist. Seinen ersten Gottesdienst besuchte er 1988, nachdem er seine Frau, eine Katholikin, kennen gelernt hatte. Anfangs war er hin- und hergerissen zwischen Faszination und dem Gedanken: "Die spinnen, die Christen", erinnert er sich noch lebhaft.

Wie viel ihm seine Berufung bedeutet, wird unter anderem an seinem Umzugsvorhaben deutlich, das er mit seiner Familie für den Sommer ins Auge gefasst hat: Schulzes verlassen die Wernigeröder Wohnung, die nur einen Steinwurf vom Altenpflegeheim weit weg ist, um das mehrere Kilometer entfernte leer stehende Pfarrhaus von Ilsenburg neben dem ebenfalls verwaisten früheren katholischen Kinderheim wieder mit Leben zu erfüllen. "Es schien uns wichtig, hier ein Zeichen zu setzen, dass katholisches Leben weitergeht", sagt der Diakon.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 03.05.2001

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