Gottes Wort unter die Leute bringen
Johann Freitag aus Heiligenstadt über sein Weiheamt als Diakon
Heiligenstadt (ep) - Für Johann Freitag aus Heiligenstadt steht fest: Es gibt eine eigene Berufung zum Ständigen Diakon. Dies hat er nicht zuletzt im vergangenen Jahr bei einer Wallfahrt der Diakone und ihrer Frauen nach Rom bestätigt gefunden, als Papst Johannes Paul II. Diakone aus der ganzen Welt als "Herolde des Evangeliums" ansprach.
Dabei leite sich das Diakonat als Weihesakrament und Dienst schlicht und einfach aus der Taufe ab, erläutert Johann Freitag, der Schulseelsorger sowie Religions- und Geschichtslehrer an den Heiligenstädter Bergschulen St. Elisabeth ist. In der Chrisamsalbung erhält jeder Täufling Anteil am Königs- / Hirten-, Priester- und Prophetenamt Jesu. Jeder Getaufte, jede Mutter und jeder Vater, habe Anteil am Amt Jesu, Prophet, Priester und König / Hirt zu sein. Eine Tatsache, aus der auch eine Fülle von Aktivitäten im Leben der Gemeinde erwachsen: Lektoren- und Kommunionhelferdienst, von Eltern geleitete Hauskreise für Erstkommunionkinder, Krankenbesuchsdienst. Im Diakonat wird besonders die in der Taufe empfangene prophetische Mitgift "zum Amt", versucht der studierte Theologe auf den Punkt zu bringen, wie er seinen Klerikerberuf versteht. Der Ständige Diakon übernehme in besonderer Weise das Prophetenamt.
Das Prophetsein versteht Diakon Freitag dabei nicht so sehr als Seherdienst im Sinne von Vorausschauen, sondern als Aufgabe, Gottes Wort unter die Leute zu bringen, seine Spuren im Leben der Menschen zu entde-cken und auf sie hinzuweisen. Leider werde über das Prophetenamt in der Kirche kaum nachgedacht, bedauert Freitag.
Weil der Diakon dieses Amt inne hat, empfängt er bei seiner Weihe das Evangelienbuch. Deshalb haben Diakone zum Beispiel feste Aufgaben in der Kar- und Osterliturgie: Am Karfreitag, wenn sie die großen Fürbitten vortragen oder während der Lichtfeier in der Osternacht, wenn sie das Exultet singen. Der Dienst eines Diakons ist also nicht nur oder vor allem karitativ-sozial auf die "Diakonia", den sozialen Liebesdienst für die Armen, orientiert, sagt der Geistliche, sondern seelsorglicher Natur (Martyria). Der Diakon soll also Zeugnis geben - allerdings nicht im Sinne der Gemeindeleitung und der Feier von Bußsakrament und Eucharistie, die dem Priester vorbehalten sind.
Und genauso möchte sich der 57-Jährige und Vater von zwei erwachsenen Kindern auch verstanden wissen: Als Geweihter, der sich für den "Tisch des Wortes" verantwortlich weiß, der nicht zuletzt auch wegen seiner eigenen Ehe- und Familienerfahrungen als Seelsorger für Familien, Kinder, Schüler tätig sein kann, aber genauso auch im karitativen Bereich. Dabei sieht Freitag hinsichtlich der speziellen Berufung des Diakons durchaus auch Unterschiede zu verheirateten Männern (viri probati), die künftig vielleicht zum Pries-ter geweiht werden könnten.
Bei seinem Dienst macht der Diakon immer wieder die Erfahrung, dass sein Amt Menschen "irritiert": "Wir passen noch nicht ganz in die Jahrhunderte geübte Auffassung, dass ein Kleriker immer ein Pfarrer ist und dieser um des Himmelreiches willen ehelos lebt", sagt Freitag. Und: "Bei unserer starken Betonung der Eucharistie ist alles auf den Priester fokussiert. Dass es aber viele andere Formen des Gottesdienstes gibt, die alle auch ein Diakon leiten kann, ist wenig im Blick." Sein Berufsstand werde aber immer mehr dort seinen Platz in der Kirche finden, wo er "nicht Quasipriester sein soll oder will, sondern wirklich Diakon, dass heißt Verkünder der Frohen Botschaft in Wort und Tat - aber nicht selbstständiger Gemeindeleiter", ist Freitag überzeugt. Und sagt dies nicht zuletzt auch auf dem Hintergrund seines gut 25-jährigen Dienstes in diesem Amt. Von daher hält es der Seelsorger auch nicht für günstig, wenn ein Diakon selbstständiger Leiter einer Filialgemeinde ist. Stattdessen sei es gut, wenn ein Diakon einer Pfarrei zugeordnet ist und dort entsprechende Aufgaben etwa in der Kinder- und Familienpastoral übernimmt: Wortgottesdienste leitet, predigt, Beerdigungen hält, in der Krankenseelsorge tätig ist. Hinsichtlich des zuletzt genannten Aufgabenbereiches bedauert es der langjährige Seelsorger, dass er als Diakon nicht die Krankensalbung spenden darf. In der alten Kirche hätten sogar Familienmitglieder des schwer Erkrankten die Salbung, die den Leidenden geistlich stärken soll, gespendet.
Aufgabenfelder für den Diakon sieht Freitag auch im Bereich der Ökumene, etwa bei gemeinsamen Wortgottesdiensten. Oder dort, wo der Diakon einem kranken oder alten Priester zur Seite stehen kann - eine Aufgabe, die er selbst mehrere Jahre wahrgenommen und in sehr guter Erinnerung hat. In seinem Dienst als Schulseelsorger und Religionslehrer, bei dem er es mit zahlreichen Schülern zu tun hat, die der Kirche zurückhaltend gegenüber stehen, betrachtet er es als Aufgabe und Chance, Wortgottesdienste so zu gestalten, dass alle etwas davon mitnehmen können.
"Als Gehilfe eines Priesters" versteht Johann Freitag seinen Dienst nicht. Denn der Diakon habe Möglichkeiten, in den unterschiedlichsten Bereichen das Evangelium zu verkünden, wie sie der Priester aufgrund seiner Leitungsaufgabe nicht habe. Über die Jahre hat Freitag die Erfahrung gemacht, dass er sein Amt nur dann wirklich ausfüllen kann, wenn sich auch seine Frau in diesen Dienst eingebunden versteht und die damit verbundenen Aufgaben in vielfältiger Weise mitträgt.
Im Blick auf eine Weihe von Frauen zur Diakonin sieht Johann Freitag gelassen in die Zukunft: "Wenn Gott es will, werden wir eines Tages auch Mitschwestern begrüßen können", sagt Freitag. Ich würde mich da-rüber sehr freuen. Wenn eine Mutter, die fünf Kinder hat, Diakonin wäre, das wäre doch was, sagt Freitag schmunzelnd.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 03.05.2001