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Bistum Magdeburg

Kirche als kritischer Partner der Politik

Ökumenischer Jahresempfang der Kirchen für Landtag und Landesregierung

Begegnung zwischen Kirche und Politik: Kirchenpräsident Klassohn, Landtagspräsident Spotka, Bischof Nowak, Ministerpräsident Böhmer und Bischof Noack (erste Reihe von links nach rechts).

Magdeburg (mh) -Sachsen- Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hat die Kirchen in seinem Bundesland gebeten, die Möglichkeiten der Politik realistisch einzuschätzen, statt unerfüllbare Erwartungen zu unterstützen. Er wünsche sich ein "gemeinsames Bekenntnis zu dem, was wir schaffen können", statt das "Paradies auf Erden zu versprechen", sagte Böhmer beim ökumenischen Jahresempfang der Kirchen für Landesregierung und Landtag in Magdeburg. Mit Schlagwörter wie dem der soziale Gerechtigkeit, die auch von "kirchlich motivierten" Kreisen verwenden würden, sei der Politik nicht geholfen. Böhmer bedauerte auch, dass die Politik immer mehr zum "Reparaturbetrieb für die Defekte der Gesellschaft" werde. Die Wertediskussion zeige, was in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen sei.

Landtagspräsident Adolf Spotka (CDU) betonte, die Gesellschaft brauche das "tradierte kulturelle und moralische Wertesystem, das letztlich christlich geprägt ist", wenn sie die Aufgaben der Zukunft human lösen wolle. Die Kirchen könnten hier einen wichtigen Beitrag leisten, sie dürften dabei aber nicht "im Strom der Zeit mitschwimmen". Kritische Partnerschaft sei besonders nötig, "wo politische Freiheiten Gefahr laufen, sich durch die Missachtung ethischer Grenzen selbst zu zersetzen."

Wer sich von der Kirche erhoffe, dass sie der "große Werteproduzent" sei, müsse wahrscheinlich enttäuscht werden, sagte der Erfurter Theologe Eberhard Tiefensee. "Jesu ist sicher nicht am Kreuz gestorben, um die Volksmoral zu heben." Die kritische Aufgabe der Kirche in der Gesellschaft bestehe darin, "eine Wunde offen zu halten". Tiefensee erinnerte an die Trauerfeier nach dem Erfurter Amoklauf. Die Worte des Bundespäsidenten -"Was immer ein Mensch getan hat: Er bleibt ein Mensch" -seien wie ein "Stachel, der sich im Fleisch verhakt". Kirche müsse nicht überall sein, dürfe aber an "den Grenzen und Bruchstellen unserer Kultur" nicht fehlen. Ausdrücklich verwies Tiefensee auf die "Modernisierungsopfer, die Armen von heute, die so schnell vergessen werden".

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 26 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 27.06.2002

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