Bush: "Einer der größten Deutschen"
Das Bonhoeffer-Haus in Berlin erinnert nicht nur an den Theologen und Widerstandskämpfer
Berlin -"One of the greatest Germans" (Einer der größten Deutschen) nannte ihn der USamerikanische Präsident George W. Bush im Mai in seiner Rede vor dem Bundestag. Und für Gottfried Brezger ist auch klar, wie Bush zu diesem Urteil kommt: Der Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer (1906 bis 1945) sei nun eben in den Vereinigten Staaten viel bekannter als in Deutschland. Brezger ist Vorsitzender des Kuratoriums des Berliner Bonhoeffer-Hauses, das in diesen Tagen sein 15-jähriges Jubiläum begeht.
Im Juni 1987 als "Erinnerungs- und Begegnungsstätte" eröffnet, ist das ehemalige Haus der Eltern Bonhoeffers einer der wenigen Orte in der Bundeshauptstadt, die etwa in Form einer Büste oder einer Gedenkplatte an den Widerstandskämpfer erinnern. Aber nur hier, am Nordrand des Grunewalds im äußersten Nordwesten Berlins, ist zudem ein ganzes Haus samt Ausstellung, Bibliothek und Tagungsräumen der Arbeit des Theologen der Bekennenden Kirche gewidmet.
Zu sehen ist unter anderem das Zimmer Bonhoeffers im Dachgeschoss des Hauses. Hier wohnte er bei Besuchen in Berlin zwischen 1935 und 1943 und schrieb Teile seiner "Ethik" und die Widerstandsanalyse "Nach zehn Jahren". Im Gedenken daran ist der Raum in den Zustand versetzt worden, in dem Bonhoeffer ihn bei seiner Verhaftung durch die Gestapo am 5. April 1943 verlassen hat. Bis 1951 ist das Haus das Domizil der Familie geblieben. Dann wird es von der Evangelischen Kirche in Berlin- Brandenburg erworben. Bis 1953 wohnt der enge Freund, Schwager und Biograf Bonhoeffers, Eberhard Bethge (1909 bis 2000), mit Familie dort. Später wird es ein Zentrum der Evangelischen Studentengemeinden in Berlin, die es ab Mitte der 50er Jahre als Studentenwohnheim nutzen -bis 1984 der Umbau beginnt. Gerade einmal rund 700 Besucher finden alljährlich den Weg in das gutbürgerliche Viertel. Viele von ihnen sind aus dem Ausland. Finanziert wird die Arbeit vor allem durch Spenden. Auch hier spielt die Rezeption Bonhoeffers in den USA eine besondere Rolle. Denn die dortige Bonhoeffer-Society hat ein Spendenprogramm für das Haus aufgelegt, das einen Teil des Jahresetats in Höhe von derzeit rund 30 000 Euro sicherstellt.
Im 15. Jahr seines Bestehens geht das Haus auch mit der Aufnahme von Gast-Wissenschaftlern neue Wege. Zurzeit werden die beiden ersten "Bethge Residential Scholars" -benannt nach Eberhard Bethge -aus den USA betreut, die auf den Spuren des Theologen unterwegs sind. Sie wohnen kostenlos bei Familien der evangelischen Friedensgemeinde in unmittelbarer Nähe zum Haus und können dessen Arbeitsmöglichkeiten samt umfangreicher Präsenzbibliothek nutzen. Ein weiteres Vorhaben in diesem Jahr ist die "digitale Dokumentation" der ständigen Ausstellung im Haus. Neben einem Katalog bietet die Einrichtung zudem ein Textheft für eine "Dietrich-Bonhoeffer-Stadtrundfahrt", die die Evangelische Studentengemeinde der Technischen Universität Berlin erstellt hat.
Lukas Philippi (epd)
- Informationen zur Rom-Reise Bonhoeffers im Jahr 1924 finden Sie hier.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 04.07.2002