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Es soll sich lohnen, in dieser Stadt zu leben

Bautzner Gesichter: Bernward Kreutzkam vom Caritasverband Oberlausitz

Engagiert: Bernward Kreutzkam vor seiner Arbeitsstelle, dem Caritasverband Oberlausitz.

Bautzen (jak) -"Wir möchten mit unseren Hilfen dazu beitragen, dass die in Bautzen lebenden Spätaussiedler auch wirklich in unserem Alltag und in unserem Leben ankommen", betont Bernward Kreutzkam vom Caritasverband Oberlausitz in Bautzen. Hilfen, die sich die Betroffenen nicht abholen müssen, sondern die zu ihnen gebracht werden. Seit nunmehr zehn Jahren engagiert sich Kreutzkam für Aussiedler und Ausländer. Zuerst geht es meist um Unterstützungen beim Ausfüllen der Anträge. Immerhin können es bis zu 14 verschiedene Formulare sein, mit denen ein Spätaussiedler in den ersten Tagen konfrontiert wird. Damit sind in der Regel alle überfordert.

Wie Bernward Kreutzkam immer wieder sagt ist die Aussiedlerarbeit ein weites Feld: Denn "die" oder "den" Aussiedler gibt es aus seiner Erfahrung heraus so nicht. So kommen Neugeborene genauso wie alte Menschen. Persönliche Lebensschicksale unterscheiden sich wie Bildungsgrad oder Beruf. Genauso verschieden sind die Gründe, um nach Deutschland zu kommen: Die einen wollen ins Land ihrer Väter, andere kommen mit der gesellschaftlichen Situation vor Ort nicht mehr klar und es gibt auch die, die aus reinen materiellen Gründen ihre Heimat verlassen. Auch die Situation in den Familien ist immer verschieden. Es gibt diejenigen, die sich engagieren und alles tun, um schnell heimisch zu werden. Andere wiederum sehen eher abwartend, fast resignierend in die Zukunft. Bernward Kreutzkam betont, dass das Erlernen der deutschen Sprache das A und O ist. Leider sind nicht alle Spätaussiedler dazu bereit und in den Unterkünften dominiert ohnehin das Russische.

Von Vorurteilen gegenüber den Spätaussiedlern hält der Sozialarbeiter wenig. Viele Vorurteile sind haltlos: So die Annahme von besonderen Vergünstigungen. Eine Eingliederungshilfe erhalten nur diejenigen Russlanddeutschen, die 1941 aus ihren Dörfern vertrieben wurden und bis 1956 in der Verbannung leben mussten. Dennoch kehrt Bernward Kreutzkam die Probleme nicht unter den Tisch. So kommen viele Aussiedler mit der Heimsituation und dem Leben auf engstem Raum nicht zurecht, daraus ergeben sich unter anderem Generationenkonflikte, Krisen und Gewalt in der Partnerschaft, die Jugendlichen ziehen sich zurück ...Problematisch sei auch der damit verbundene Alkoholkonsum. Ein erster Lösungsansatz ist der persönliche Kontakt, den Bernward Kreutzkam immer wieder sucht. Dabei weiß der Sozialarbeiter, dass es sehr schwierig ist an die Männer heranzukommen. So laufen die meisten seiner Gespräche in den Unterkünften mit den Frauen am Küchentisch.

Positiv hebt Bernward Kreutzkam hervor, dass es in der Oberlausitz ein Netzwerk zwischen den kommunalen Behörden und den Wohlfahrtsverbänden gibt -dies ermögliche es, die Arbeit gut zu absolvieren. Was für beide Seiten von Vorteil ist, für die Gemeinden und für die Aussiedler selbst. Eines aber sollte auf jeden Fall vermieden werden, die Isolierung dieser Bevölkerungsgruppe irgendwo in einem Neubaugebiet. Dabei bleiben sowieso nur wenige Familien in Bautzen und Umgebung. Die meisten zieht es dahin, wo es Arbeit gibt. "Leider brechen dann die Kontakte zu mir oft ab, so dass ich nicht weiß, wie es ihnen weiter ergangen ist", berichtet Kreutzkam.

Der gebürtige Bautzner fühlt sich in seiner Stadt wohl und freut sich, dass Bautzen so attraktiv geworden ist. Halt für seine Arbeit erhält er vor allem durch seine Familie, "wobei ich kein Mensch bin, den die Probleme bis in die Nacht hinein begleiten". Vielmehr ist es auch sein breites Engagement, das Bernward Kreutzkam ausfüllt. So arbeitet er neben der Caritas im Beirat der Justizvollzugsanstalt und im Verein Brücke, der sich unter anderem für wohnungslos und straffällig gewordene Menschen einsetzt. Weiter ist Bernward Kreutzkam Abgeordneter im Stadtrat und Diakonatshelfer in der Pfarrgemeinde. Gerade die letztgenannte Tätigkeit zwingt Bernward Kreutzkam immer wieder auch zur Reflexion seiner eigen Person. Was er den Menschen mitteilen kann liegt in seiner Person und seinen Erfahrungen begründet. So bemüht er sich besonders um eine Einbindung der Spätaussiedler in die Bautzner katholische Gemeinde. Kann er ihnen Vorbild sein, so erleben sie auch die Kirche als glaubhaft.

Das Jubiläum seiner Stadt nutzte Bernward Kreutzkam, sich wieder intensiv mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei machte er die Erfahrung, dass Bautzen ein Ort ist, an dem sich in all den 1000 Jahren Generationen von Menschen die Klinke in die Hand gaben, dass diese Menschen Bautzen beherbergt und geprägt haben.

Für die Zukunft wünscht sich Bernward Kreutzkam, dass die Menschen zu einem friedvollem Miteinander finden, dass sie gemeinsam nach Lösungen für auftretende Probleme suchen, dass man aufeinander hört und offen ist für die Menschen, die hierher kommen -als Gast oder als Aussiedler. Ein weiterer seiner Wünsche geht in Richtung Wirtschaft: Dass es gelingt, Arbeitsplätze zu schaffen und die Bautzner in Bautzen bleiben können. Soll doch seine Stadt weiterhin ein deutsch-sorbisches Kulturzenrum bleiben. Abschließend betont Bernward Kreutzkam: "Die Leute sollen sagen können, in Bautzen kannst du wohnen, weil es hier Menschen gibt."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 28 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 11.07.2002

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