Spätaussiedler besser integrieren
Kritik des Arbeitskreises Aussiedler / Info-Broschüre gegen Behördendschungel

Magdeburg (tdh / db) -350 Deutsche aus der ehemaligen Sowjetunion werden in den kommenden Monaten in Magdeburg erwartet. Die Stadt Magdeburg sei auf die Situation nicht ausreichend eingestellt. Dies kritisierte der Arbeitskreis Aussiedler der Stadt Magdeburg in diesen Tagen vor Medienvertretern. In dem Arbeitskreis, der seit 1991 besteht, arbeiten Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Evangelische Stadtmission, Paritätischer Wohlfahrtsverband und Internationaler Bund auf lokaler Ebene zusammen. Gemeinsam haben sich die freien Träger die Integration der Aussiedler und ihrer Familien in die neue Gesellschaft, die Förderung der Akzeptanz und Toleranz unter der einheimischen Bevölkerung, die Hilfe zur Selbsthilfe bei Aussiedlern und die Motivation zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in Magdeburg zur Aufgabe gemacht.
Seit Januar sind bereits 159 der insgesamt 350 erwarteten Spätaussiedler in Magdeburg eingetroffen. Die Situation drohe sich jetzt zuzuspitzen, nachdem nach jahrelangen verhaltenen Zuwanderungsquoten inzwischen sämtliche Übergangsheime für die Erstunterbringung in Magdeburg geschlossen worden seien, heißt es in einer Mitteilung der Caritas zur Kritik des "Arbeitskreises Aussiedler". Seit dem 1. Januar diesen Jahres stünden elf Wohnungen und drei Zimmer an vier verschiedenen Standorten in Magdeburg für die Erstunterbringung der neu Ankommenden zur Verfügung. Diese wenig zufriedenstellende Situation werde sogar noch verschärft, denn die Aussiedler würden schnell in Wohnungen untergebracht, die sich hauptsächlich in Plattenbaugebieten konzentrieren. "Einer Ghettoisierung der Aussiedler wird damit Vorschub geleistet. Der Integration dient diese Unterbringung nicht", so die Caritas.
Hinzu käme, dass lediglich eine Mitarbeiterin des Amtes für Aussiedler allen neu eingereisten Aussiedlern als Ansprechpartnerin in allen praktischen Fragen der Aufnahme zur Verfügung steht. Allein aufgrund der wachsenden Anzahl sei sie nach Meinung der Mitglieder des "Arbeitskreises Aussiedler" gar nicht in der Lage, eine angemessene Betreuung zu sichern.
In den Übergangswohnungen sei ein Verbleib höchstens für zwei Monate für die Aussiedler möglich. "Konflikte sind damit vorprogrammiert", so der Arbeitskreis. In der ersten Phase der Integration heißt es erst einmal für alle neu Ankommenden, sich in der neuen Umgebung zurecht zu finden, die noch ungewohnte Sprache zu verstehen und verstanden zu werden. Eine Flut von Anträgen und Behördengängen sind in den ersten Tagen zu bewältigen. In den ersten Monaten seines Aufenthalts in Deutschland hätte ein Aussiedler so viele Behördengänge zu erledigen, wie Einheimische bis zu ihrem 25. Lebensjahr.
Diesen Anforderungen seien nicht alle ohne fremde Hilfe gewachsen. Einige Aussiedler könnten auf Erfahrungen von schon länger hier lebenden Freunden und Verwandten zurückgreifen. Andere seien auf fremde Hilfe angewiesen. Dabei arbeiteten Ämter und Behörden nicht immer Hand in Hand. Es kommt zu Verzögerungen, die belasten und Angst machen. So könne ein Antrag auf Sozialhilfe beispielsweise nicht ohne den Bescheid über die Ablehnung von Leistungen des Arbeitsamtes gestellt werden. Und ohne Wohnberechtigungsschein könne keine Wohnung beschafft werden.
"Integration ist ein wechselseitiger Prozess, der sowohl Anforderungen an die Zuwanderer als auch an die aufnehmende Gesellschaft stellt und nicht in wenigen Tagen oder Wochen erledigt ist. Um erfolgreich und nachhaltig zu wirken, braucht die Integration Zeit, in vielen Fällen sogar über Generationen hinweg. Alle Beteiligten, insbesondere die Kommunen sind daher aufgefordert, aktiv bei der Integration zu helfen", heißt der Appell des Arbeitskreises.
Um den Aussiedlern durch den Behördendschungel zu helfen, aber auch um zu informieren, wo sich Beratungs-, Freizeit- und Hilfsangebote für Zuwanderer und Aussiedler in Magdeburg befinden, hat der "Arbeitskreis Aussiedler" eine zweisprachige Infobroschüre herausgegeben, die in Ämtern in Magdeburg zur kostenlosen Mitnahme ausgelegt wird. Gleichzeitig ist die Broschüre gedacht für Betreuungsvereine und Regeleinrichtungen, die von Aussiedlern aufgesucht werden.
Die Info-Broschüre für Aussiedler
kann auch kostenfrei beim
Caritas-Aussiedlertreff Magdeburg-
Olvenstedt telefonisch
(03 91) 5 97 80 25 oder per
E-Mail: info@aussiedlertreff.de
angefordert werden.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 11.07.2002