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Aus der Region

Von Marienhof bis Schwester Stefanie

An vielen Serien schreiben Absolventen der Autoren-Seminare der Katholische Medienakademie mit

'Und Action!': Während der Dreharbeiten für den Pilotfilm 'Cafè Melange' in Mittweida.

Mittweida (mh) -"Ruhe bitte, wir drehen! Kamera ...Ton …und Action!" Und zum sechsten Mal an diesem Vormittag begegnen sich Stefan und Thomas zufällig, fallen sich nach einer Überraschungssekunde in die Arme und begrüßen sich überschwenglich. Anja, Stefans beste Freundin und seine heimliche Liebe, entdeckt die beiden, läuft auf sie zu und beginnt einen heftigen Streit. Diesmal ist Regisseur Klaus Adam zufrieden. "Gestorben!", heißt sein kurzer Kommentar und das bedeutet so viel wie: Die Szene ist fertig.

Eine kleine Straße im Zentrum von Mittweida. Drei Tage ist hier und an einigen Orten in den Nähe ein Filmteam bei der Arbeit. "Cafè Melange" heißt das Projekt, eine neue Serie. Unter dem Titel "Wiedersehen macht Freu(n)de?" wird der Pilotfilm gedreht. Das Besondere daran: Das Drehbuch für diesen Film haben die elf Teilnehmer einer "Fernseh-Autoren-Werkstatt" der Katholischen Medienakademie (KMA) geschrieben. Die KMA ist eine Einrichtung des Institutes zur Förderung des publizistischen Nachwuches (IFP) der katholischen Kirche. Während im IFP vor allem Journalisten ausgebildet werden, widmet sich die KMA der Fort- und Weiterbildung. Ein Teil davon sind die Werkstätten für Drehbuch- Autoren. Es gibt sie seit zehn Jahren und die jüngste fand zum ersten Mal in den neuen Bundesländern, genauer in Sachsen statt. Grund dafür waren die Fördermittel der Sächsischen Stiftung für Medienausbildung.

Nötig ist Talent, alles andere kann man lernen

In den drei einwöchigen Seminaren erhalten die Teilnehmer das Grundwissen zum Erstellen von Drehbüchern, erklärt Dr. Anton Magnus Dorn von der KMA. "Für einen Drehbuch-Autor gibt es keine vorgeschriebene Berufsausbildung. Nötig ist das Talent. Alles andere kann man lernen." Wie entsteht ein Film-Charakter? Wie verläuft der Erzählstrang einer Serie? Wie wird eine konkrete Szene gestaltet? Das sind dann die Fragen, mit denen sich die Teilnehmer beschäftigen. Und am Ende steht das Drehbuch mit dem ein Pilotfilm realisiert wird -diesmal eben "Cafè Melange". Gedreht wurde dabei übrigens mit bekannten Profi-Schauspielern, was gelegentlich dazu führte, dass Karim Köster, der den Stefan spielt, oder Juliane Gibbins, im Film die Anja, um ein Autogramm gebeten wurden, denn: Beide gehörten zur Stammbesetzung der Krankenhausserie "St. Angela" im ARD-Vorabendprogramm.

Die Geschichte, die sich die Teilnehmer der Autoren-Werkstatt für ihr "Cafè Melange" ausgedacht haben, ist auf den ersten Blick eine Ost-West-Geschichte: Nach 13 Jahren treffen sich die ehemaligen Schulkameraden und Freunde Stefan und Thomas zufällig wieder. Thomas war kurz vor der Wende in den Westen gegangen, Stefan in Leipzig geblieben. Nun kommt Thomas zurück, um einen amerikanischen Coffee-Shop zu eröffnen. Und Stefan soll sein Partner werden. Nun plant Thomas aber, für den Coffee-Shop ausgerechnet den Laden zu mieten, in dem eigentlich Anjas Großeltern ihren Trödelladen weiter betreiben wollen. Der Konflikt ist vorprogrammiert und es kommt zum Streit.

Hinter dieser Geschichte aber soll mehr deutlich werden: "In dem Film geht es um Macht und Geld, aber auch um Vertrauen, Freundschaft, Liebe und Verrat", sagt eine der Teilnehmerinnen vor der Premiere, die im Rahmen des Seminars stattfand. Und genau hier liegen auch die Gründe dafür, dass die KMA sich in diesem Bereich engagiert, erklärt Dorn. Denn auch ein Fernsehfilm oder eine Serie kann mehr sein als bloße Unterhaltung. Dorn: "Eines unserer Prinzipien bei der Erarbeitung von Drehbüchern ist die Orientierung am christlichen Menschenbild." Und weil die Serienhelden häufig Identifikationsfiguren sind, ist es möglich, über sie bestimmte Werthaltungen zu vermitteln. "Das ist eine Chance, wenn man sieht, welch großes Interesse gerade Kinder und Jugendliche für die Vorabendserien zeigen", sagt Dorn. Die Idee der KMA scheint zu funktionieren: Viele ehemaligen Teilnehmer der Autorenwerkstätten schreiben heute mit an den Drehbüchern der bekannten täglichen und wöchentlichen Serien sowohl bei ARD und ZDF als auch bei den privaten Fernsehsendern, vor allem RTL und SAT 1. "Marienhof", "Verbotene Liebe", "In aller Freundschaft" oder "Für alle Fälle Stefanie" sind nur einige Beispiele.

Davon sind die jetzigen Teilnehmer noch etwas entfernt. Eine Serie "Cafè Melange" wird es in dieser Art im MDR-Fernsehen nicht geben, meint Wolfgang Voigt, Redakteur im Programmbereich Fernsehfilm beim MDR in Leipzig. Zwar zeige der Pilotfilm, dass die jungen Leute viel Handwerkliches gut gelernt haben. Dem Film fehle aber etwas: Voigt wünscht sich, dass die Teilnehmer künftig mehr an die Kunst der Recherche herangeführt werden. "Ein Drehbuchautor muss sich das Leben angucken, damit eine echte, unverwechselbare Geschichte entsteht, in der sich der Zuschauer wiederfindet, und kein Kunstprodukt."

Diese Entscheidung war richtig

Voigts MDR-Kollege Werner Dieste, Chef des Landesfunkhauses Thüringen, ist dennoch zufrieden. Er ist Mitglied des Kuratoriums der Sächsischen Stiftung für Medienausbildung, das die Werkstatt finanziell gefördert hat. "Bisher gab es in Sachsen keine Autorenförderung. Wir haben uns entschieden, dieses Projekt der KMA zu unterstützen, weil dort schon entsprechende Erfahrungen vorhanden sind. Jetzt kann ich sagen: Die Entscheidung war richtig."

Anton Magnus Dorn kann sich vorstellen, künftig wieder eine Autoren-Werkstatt in Sachsen anzubieten. Obwohl er im Oktober in den Ruhestand geht, liegen ihm die Drehbuchautoren- Talente weiter am Herzen: Geplant ist die Gründung eines Fördervereins. Über die Ausbildung hinaus soll der Verein helfen, gute Drehbuch-Ideen bis zur tatsächlichen Umsetzung für Film und Fernsehen zu begleiten.

Es muss nicht immer gleich ein Pfarrer sein

Unter denen, die sich "Cafè Melange" angesehen haben, war auch der katholische Pfarrer von Mittweida, Norbert Jensch. Sein Urteil? "Ein gutes Anliegen, dass Unterstützung verdient." Er kann sich vorstellen, dass auf diese Weise besonders auch in Ostdeutschland einiges vermittelt werden kann. "Die Pfarrerserie ,Mit Leib und Seele' war ein gutes Beispiel. Aber es muss nicht immer gleich ein Pfarrer sein. Wenn etwa in einer Vorabendserie die Freundschaft als hoher Wert dargestellt wird, ist das auch schon eine Menge."

Informationen: www.ifp-kma.de

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 29 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 18.07.2002

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