Die Stadt liegt wie Cottbus an der Spree
Bautzner Geschichter: Birgit Mitzscherlich, die Nachfolgerin von Dr. Siegfried Seifert
Bautzen -Eine schwere Eisentür öffnet sich. Der Weg in Birgit Mitzscherlichs Reich führt über verborgene, schmale Gänge. Überall finden sich die Spuren einer langen Geschichte der Kirche in Bautzen und im Bistum. So beispielsweise ein Foto von Prinz Max, einem Priester aus dem Hause Wettin, der sich besonders für die Orthodoxie und die Lebensreformbewegung zu Anfang des 20. Jahrhunderts einsetzte.
Sich verstärkt um den Bestandserhalt sorgen
Birgit Mitzscherlichs Büro schließlich bietet ebenso kaum Platz, überall finden sich auch hier Akten, Bücher, Bilder ...wie überall im Domstift. Mit dem 1. Mai vergangenen Jahres arbeitet Birgit Mitzscherlich dort, sie ist Abteilungsleiterin des Bischöflichen Ordinariates für Archiv, Bibliothek und Kunst. Die Domschatzkammer ist dabei in ihrem Aufgabenbereich das Sahnehäubchen. Dazu kommen das Diözesanarchiv, das Domstiftsarchiv sowie die Bibliothek des Domstifts und des Bistums. Verstärkt möchte sich die Leiterin um den Archivbereich kümmern, das heißt konkret, um Bestandserhaltung und Restaurierung. Kaum Sorgen breitet ihr die Domschatzkammer, "sie ist top in Ordnung", lobt Birgit Mitzscherlich. Zu danken ist dies besonders ihrem Vorgänger, Dr. Siegfried Seifert. Ihn lernte sie besonders durch sein Fachwissen sowie durch seine charmante Art schätzen. Und auch wenn die Zusammenarbeit gut ist, so ist sich Birgit Mitzscherlich schon bewusst, dass Siegfried Seiferts Fußstapfen so groß sind, dass niemand darin annährend so laufen kann, wie er es in all den Jahren seines Wirkens tat. Aber praktisch und selbstsicher, so wie es ihre Art ist, fügt sie hinzu: "Da muss ich eben meine eigenen Fußstapfen finden." Da ist beispielsweise Birgit Mitzscherlichs Doktorarbeit, die sich mit dem Bistum Dresden-Meißen und Bischof Petrus Legge in der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzt. Ein Beitrag dazu erschien bereits im Buch "Sachsen in der NS-Zeit", das über die Landeszentrale für politische Bildung vertrieben wird.
Für Historiker gibt es in Bautzen viel zu tun
Auf das Thema selbst brachte sie ihr Leipziger Professor im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Diktaturenvergleich. Birgit Mitzscherlich betont, dass die neuere Geschichte des Bistums bisher kaum bearbeitet wurde und es somit noch eine Menge zu erschließen gibt. Dies allerdings ist meist Archivarbeit, aber diese liegt der Leiterin ja ohnehin besonders. So engagierte sich das Domstift unter anderem auch beim diesjährigen Sächsischen Archivtag, der aus Anlass des Stadtjubiläums in Bautzen tagte.
Geboren wurde Birgit Mitzscherlich in Cottbus, wo sie nach Schule und Ausbildung zunächst als Krippenerzieherin arbeitete. Nach den historischen Ereignissen des Jahres 1989 erwachte in ihr der Wunsch, mehr über historische Zusammenhänge und Entwicklungen verstehen zu wollen. So kam sie schließlich zu ihren Studienfächern Politikwissenschaft, Geschichte und Soziologie. Ihre Studienorte waren Leipzig und Manchester.
Inzwischen ist Birgit Mitzscherlich in Bautzen heimisch geworden. Scherzhaft bemerkt sie, dass dies leicht war, da Bautzen ja genauso wie Cottbus an der Spree liegt. Und die Geschichte Bautzens beeindruckt Birgit Mitzscherlich. Zwar ging diese erst so richtig ab dem Jahr 1200 los, aber auch hier gibt es für Historiker noch eine Menge zu tun.
Holger Jakobi
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 08.08.2002