Einer macht dem andern Mut
Pfarrgemeinde Grimma nach dem Hochwasser
Grimma (jak) -Erst in den neunziger Jahren waren Kirche, Pfarrhaus und Gemeindeeräume der katholischen St. Trinitatiskirche in Grimma grundlegend saniert und restauriert worden. Am Donnerstag vergangener Woche bot sich in der Nikolaistraße 1 bis 3 ein anderes Bild. Nachdem die Mulde den Ort verlassen hatte, wurden die Schäden sichtbar. In der Kirche stand das Wasser bis zum Tabernakel, also zirka 1,80 Meter hoch.
Mühsam säuberten Frauen die Wände, Jugendliche schoben den Schlamm zur Tür, Helfer aus der Gemeinde hoben den hölzernen Boden der Kirche heraus ...Auf der Straße türmte sich -wie überall in Grimma zu dieser Zeit -der Schutt, wobei kaum noch zu identifizieren war, was die einzelnen "Klumpen" einmal waren. Dies wird aber deutlich, wenn man erfährt, was im Gemeindehaus alles verloren ging, so unter anderem die Räume für die Kinderbetreuung und der Frohen Herrgottsstunde, das Pfarrbüro, Gesangsbücher, Bibeln. Heute jedenfalls sind die Räume leer und auch in der Kirche wird es noch lange dauern, bis wieder Gottesdienst gefeiert werden kann.
Pfarrer Josef Reichl erinnert sich an die schlimmen Grimmaer Stunden. Zuerst rettete er vor allem das Allerheiligste, die Messgewänder, liturgische Geräte und Kerzen in den ersten Stock, wo sich seine Wohnung befindet.
Schließlich entschloss er sich dennoch, sicherheitshalber die Dinge einen weiteren Stock höher in die Gästewohnung zu schaffen. Per Paddelboot ging es für ihn dann als einer der Letzten heraus aus der überfluteten Stadt. Die bangen Tage bis zum Rückgang des Hochwassers verbrachte Pfarrer Reichl im Altenheim Seelingstädt.
Dankbar ist Josef Reichl für die vielfältige Hilfe, die er und seine Gemeinde gerade jetzt erhalten. Anrufe kamen aus Leipzig-Gohlis und Zwenkau, sie fragten nach, ob und wie den Grimmaern geholfen werden kann. Schließlich kam an diesem Donnerstag eine Gruppe junger Leute aus Leipzig, die mithalfen erste Schäden zu beseitigen. Aber auch im Ort rückten die Menschen näher zusammen, wie der Pfarrer berichtet. Man kannte sich zwar vom Sehen, aber nun war es irgendwie anders, die Leute kommen ins Gespräch und schauen, ob andere Hilfe brauchen. "Einer macht dem anderen Mut", betont Reichl.
Wie es mit der Gemeindearbeit weitergeht, ist derzeit noch offen, die Versicherung werde wohl nicht viel bringen, meint der Pfarrer nach ersten Anfragen, und als Institution hat die Kirche auch keinen Anspruch auf staatliche Soforthilfe. Schwierig ist auch der Umstand, dass es den Strom wohl erst in einer Woche geben wird. Unterkriegen lassen will sich Pfarrer Josef Reichl jedoch nicht. Andere hat es sehr viel schlimmer getroffen, beispielsweise eine katholische Familie aus der Grimmaer Mühlstraße, sie darf ihr Haus nicht mehr betreten, es wird wohl mit allen Habseligkeiten niedergerissen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 22.08.2002