Der Setzling wurde ein starker Baum
Zehn Jahre Edith-Stein-Schule Erfurt
Erfurt -"Ich bin stolz auf euch." Siegfried Schnauß, Direktor der Edith-Stein-Schule in Erfurt, ist sichtlich gerührt. Gerade ist er von einer Zeitreise zurückgekehrt, auf die ihn etwa 100 Schülerinnen und Schüler mitgenommen haben. "Zeitsprünge" hieß die Revue, die den Auftakt zu den Jubiläumsfeiern der Schule vom 23. bis 25. August bildete. Mit Theaterszenen, Liedern, Ton- und Bilddokumenten unternahmen die Schüler einen Ausflug in die Geschichte. Und wie dem Direktor erging es jedem, der an diesem Freitagabend in das Audimax der Erfurter Universität gekommen war: War es grandios oder perfekt? Beides trifft zu. In einem knappen Jahr haben Schüler und Lehrer das Programm auf die Beine gestellt. Die letzten zehn Jahre seien aufregend gewesen, hieß es im Programm. Aber die Vorgeschichte der Edith-Stein-Schule auf dem Gelände des Ursulinenklosters reicht sehr viel weiter zurück.
Bereits 1667 eröffneten die Ursulinen in Erfurt eine Mädchenschule, die bis 1938 nahezu ununterbrochen Bestand hatte. Dann wurde sie von den Nationalsozialisten geschlossen und durfte auch zu DDR-Zeiten nicht wieder eröffnet werden. Heute wird das alte Gebäude neben einem modernen Erweiterungsbau genutzt. Die Schüler gingen diesen Weg zurück -"Was ist es, das wir nicht vergessen dürfen?" Beeindruckend: Die Darstellung über die Zeit des Nationalsozialismus, die Zeit des Bösen, der Verführer, der Mörder: "Sollen wir das vergessen?" Nein, denn jeder will leben und ein "Teil des Ganzen" sein. Dass die Schule die "ganze Wirklichkeit" im Blick behält, wünscht sich Bischof Joachim Wanke. Das bedeute auch, in Zeiten der "Verlorenheit" nicht den Mut zu verlieren, sagte Wanke beim Festgottesdienst. Die Kollekte spendeten die Besucher für Betroffene des Hochwassers, so zum Beispiel für das Benno-Gymnasium in Dresden.
Mit einem Setzling, der zu einem starken Baum wurde, verglich Siegfried Schnauß die Entwicklung der Schule -ein zartes Pflänzchen, das der Pflege vieler Helfer und Unterstützer bedurfte. Und die hatte die Schule reichlich: Engagierte Eltern und Lehrer, Fördervereine in Würzburg, Essen und Erfurt und nicht zuletzt die Schüler selbst, die sich immer wieder eingebracht haben. Das zeigte besonders das große Schulfest am Samstag, bei dem die Mädchen und Jungen auch die Ergebnisse ihrer Projektwochen vorgestellt haben. Zum Beispiel das Ettersberg-Projekt, wo ein kleines Theaterstück entstand. "Eine literarische Fiktion, in der Häftlinge darüber diskutieren, ob Goethes Botschaft in solch einer barbarischen Zeit wie dieser noch Bedeutung haben konnte", erläutert Geschichtslehrer Frank Fritsch. Von Goethes Sekretär Johann Peter Eckermann weiß man, wie sehr der Meister die Spaziergänge im Buchenwald liebte. Aber der Wald ist zu einem unheimlichen Ort geworden -so hat der Ettersberg grundverschiedene Zeiten erlebt.
Weitere Projekte hatten unter anderem das Leben der Schulpatronin Edith Stein, Experimentalgeschichte, Fliegerei oder Chronometer zum Thema. Schüler stellten die neue Internetseite vor. Keine Frage: In der Edith-Stein Schule herrscht eine offene Atmosphäre. Dass es auch den Schülern gefällt, erzählen Josephine Kaufmann und Regina Trautwetter aus der neunten Klasse.. "Die Leute hier sind sehr tolerant", meint Regina. Die Schule richtet den Blick in die Zukunft. Erweitert werden soll demnächst das Computerkabinett. Zudem wird ein Meditationsraum entstehen.
Andreas Schuppert
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 29.08.2002