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Aus der Region

"Die vielen Helfer geben uns Mut"

Freiwillige des Internationalen Friedensdienstes Eirene halfen von Torgau aus im Hochwassergebiet

Schülerin Hanna Zimmermann sammelt in Prettin Mist von einer Wiese.

Prettin / Gorsdorf / Torgau (ep) -"Ich stand vor der Entscheidung, alles stehen und liegen zu lassen", sagt Alois Kassuba (75) aus Gorsdorf. "Bei uns stand das Wasser 90 Zentimeter im Wohnzimmer und in der Zimmerei. Wissen Sie, wir sind Heimatvertriebene. Wir haben uns das alles mühsam aufgebaut und jetzt das. -Aber die vielen Helfer haben uns wieder Mut gemacht. Allein von den Freiwilligen von Eirene haben die ganze Woche jeden Tag zwei oder drei bei uns oder bei unseren Nachbarn geholfen. Ohne Hilfe hätten wir alles aufgeben müssen. Wir sind sehr dankbar dafür."

Nicht nur Alois und Maria Kassuba und ihren Nachbarn haben Frauen und Männer vom Freiwilligendienst Eirene (griechisch: Frieden) beim Aufräumen der Hochwasserschäden geholfen. Auch in anderen Orten in der Region zwischen Elbe und Schwarzer Elster, Jessen und Torgau, sowie in Eilenburg haben die Freiwilligen 14 Tage lang unentgeltlich angepackt: überflutete Wohnungen ausgeräumt, in einer Grundschule Dreck und Schlamm beseitigt, geholfen Keller auszupumpen.

"Wir hatten uns angesichts der Katastrophe kurzerhand entschlossen, zu einem Einsatz in Deutschland aufzurufen", sagt Martin Weicker, der die Arbeit der Freiwilligen des Internationalen Christlichen Friedensdienstes koordiniert hat. Sonst ist Eirene nur im Ausland tätig. Nach eigenen Angaben sind derzeit knapp 100 Freiwillige in Afrika, Lateinamerika und Europa im Einsatz.

Beistand für Flutopfer in Gorsdorf und Prettin

Mehr als 60 Frauen und Männer kamen jetzt in die Region Torgau, um zu helfen. Zum Beispiel auch bei Landwirt Schlenker in Prettin. Sein Wohnhaus, in dem seine kranke Frau im Bett liegt, war nicht betroffen. Doch sein Hof, Wiesen und angrenzende Felder wurden überflutet. Gleich vier Freiwillige halfen dem behinderten alten Bauern, Geräte und Schlamm aus den Stallungen zu räumen, Wände mit Dekontiminationsmittel zu reinigen, angeschwemmten Mist und Unrat von den Wiesen zu räumen.

Eine der Helferinnen ist Hanna Zimmermann aus Oftersheim bei Heidelberg. Die junge Frau war eine Woche im Einsatz. "Eine Bekannte meiner Mutter hat bei Eirene Freiwilligendienst geleistet. Sie sprach meine Mutter an und so habe ich davon gehört", sagt die Jugendliche, für die in dieser Woche das zwölfte Schuljahr begonnen hat. "Ich hatte zuvor die Bilder von der Katastrophe im Fernsehen gesehen und wollte helfen. Und auf einmal bot sich eine konkrete Möglichkeit. Die habe ich wahrgenommen."

Ihr Quartier hatten die Eirene- Freiwilligen im Haus des Torgauer katholischen Kindergartens. Morgens 8 Uhr losfahren, abends 17.30 Uhr zurück in Torgau. Eine Dusche für etwa 20 Personen ..."Wir sind ausgezeichnet versorgt worden", bedankt sich Martin Weicker bei der Torgauer Pfarrgemeinde.

Mindestens drei Tage umsonst im Einsatz

Die meisten der Freiwilligen kamen drei Tage. So zum Beispiel die Eltern eines ehemaligen Freiwilligen, Hans-Adolf und Renate von Hehn aus Augsburg. Oder Student Lars Dietzel aus Hirschel bei Zwickau. Pensionär Günther Stahlschmidt (67) aus Bielefeld half eine Woche lang, Kohlen und Holz aus überschwemmten Kellern und Stallungen zu räumen. "Hier auf den Dörfern gibt es viele ältere Menschen, die sich über Jahrzehnte etwas aufgebaut haben, das jetzt zumindest teilweise vernichtet ist. Darüber gibt es viel Klage, aber ich höre auch Optimismus, dass auch diese Katastrophe zu überstehen ist", sagt Stahlschmidt.

Judith Wienand (20) ist aus der Nähe von Mainz. "Die Leute hier sind erstaunt darüber, dass Menschen aus ganz Deutschland unentgeltlich bereit sind, beim Aufräumen zu helfen. Zuzuhören ist aber oft noch wichtiger", sagt die angehende Studentin. Hauseigentümerin Ruth Laube aus Prettin kann dies nur bestätigen. "Ohne die Helfer wäre es noch viel schlimmer", sagt die alte Frau.

Seitens der Torgauer Gemeinde hat Stefan Lackera in Zusammenarbeit mit Gemeindereferentin Andrea Meyer aus Jessen den Einsatz der Eirene-Freiwilligen koordiniert. "Als Kirche müssen wir uns unbedingt um die Hochwasseropfer in den Dörfern kümmern, dass sie nicht vergessen werden", sagt Lackera, der in diesen Tagen sein Postulat als Franziskaner begonnen hat.

An diesem Wochenende will der Freiwilligendienst Eirene der Torgauer Pfarrgemeinde einen Scheck über 15 000 Euro übergeben -als Hilfe für besonders schwer betroffene Familien in der Region und als Beitrag, den Menschen in den Dörfern Mut zum Neuanfang zu machen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 37 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 12.09.2002

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