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Aus der Region

Auf die Laien kommt es an

Renovabis-Kongress in Freising diskutierte über "Europa - eine Wertegemeinschaft ?"

Freising - "Ich bin immer wieder erschüttert von den Berichten jener Frauen, die in die Pros-titution gezwungen wurden, die sich haben einfangen lassen von falschen Versprechungen der Menschenhändler in Rumänien. Risikobereite, mutige Frauen, die einfach raus wollten aus ihrem Land, das ihnen keine Chancen auf Ausbildung oder Arbeit bot - und die im Elend landeten." So beschrieb die aus Siebenbürgen stammende Journalis-tin Inge Bell ein bedrückendes Problem. Sie hätte Beispiele auch aus anderen osteuropäischen Ländern anführen können, in denen ein Menschenleben ebenso wenig gilt, in der das "schnelle-Geld-Machen" zum alleinigen Maßstab geworden zu sein scheint. So war der Renovabis-Kongresses mit dem Thema "Europa - eine Wertegemeinschaft?", auf dem sie ihre Erfahrungen skizzierte, von brisanter Aktualität. Etwa 350 Vertreter aus 22 Ländern waren für drei Tage nach Freising gekommen, um sich über Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftlichen Handelns in christlicher Verantwortung auszutauschen und Lösungswege zu suchen.

Anstöße dazu vermittelte Hans Joachim Meyer in seiner Situationsanalyse. "Die lang ersehnte Freiheit wird jetzt, da sie errungen worden ist, auch als unverständlich, wenn nicht sogar als bedrohlich erfahren", so der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der als große Herausforderung "die zunehmende Individualisierung der Lebensauffassungen, Lebensstile und Lebensformen" ausmachte. Eine der Schlussfolgerungen dieses Kongresses: Der christliche Glaube muss als eine öffentliche Sache begriffen werden, und die Christen müssen den Öffentlichkeitsanspruch des Christentums offen und mutig vertreten. So betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, die Christen müssten "entschieden die offene Auseinandersetzung und den geistigen Wettbewerb mit jenen aufnehmen, die das neue Europa unter Ausschluss christlicher Wirkkräfte und erst recht der Kirchen gestalten möchten".

Übereinstimmung unter den Kongressteilnehmern bestand auch in der Überzeugung, dass es insbesondere vom Engagement der Laien abhänge, wie weit der gesellschaftliche Wertekonsens in Gegenwart und Zukunft geprägt werde. Renovabis-Geschäftsführer Dietger Demuth betonte, dass Politik nur Werte stützen könne, "die von der Mehrheit der Gesellschaft getragen würden". Daher sehe Renovabis es als eine wichtige Aufgabe an, christliche Laien in Osteuropa zu fördern.

Beispiele einer solchen Förderung sind die etwa 13 Europa-Schulen im Erzbistum Sarajevo, die mit Hilfe von Renovabis errichtet wurden. "Sie sind Zeichen der Hoffnung geworden", erklärte Weihbischof Pero Sudar aus Bosnien-Herzegowina. Kroatische Katholiken, serbisch-orthodoxe Christen und bosnische Muslime, deren Väter im Krieg gegeneinander gekämpft haben, lernen dort gegenseitige Akzeptanz und Toleranz. "Wir ermutigen sie, ihre Identität zu leben", so Sudar, "denn nur dann, wenn man bewusst seine Identität pflegt, kann man andere verstehen." Er ist überzeugt davon, dass Bosnien-Herzegowina "ein Europa im Kleinen werden kann, in dem trotz allem, was wir in der Vergangenheit Schreckliches erlebt haben, es möglich ist, eine Zukunft gemeinsam zu bauen".

Michael Dorndorf

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 37 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 12.09.2002

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