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Bistum Dresden-Meißen

"Wir feiern trotzdem"

175 Jahre St. Kunigunde in Pirna

Pirna -"Wir machen weiter!" steht es an den Schaufensterscheiben der oft noch leeren Geschäfte in der Pirnaer Altstadt. "Wir feiern trotzdem", sagen die Menschen der katholischen Pfarrei St. Kunigunde. Trotz unbenutzbarer Pfarrkirche, in der das Hochwasser wie im Pfarrhaus Fußboden und Heizung zerstört hat. Ihr Gestühl trugen sie einstweilen in die Klosterkirche, die langsam trocknet. Zwei Meter hoch stand das Wasser dort. Orgel und Bänke "schwammen" und wurden unbrauchbar. Die beiden Altäre, eine gotische Holzschnitzarbeit und der moderne Hauptaltar von Friedrich Press, haben arg gelitten. Viele Gemeindeglieder hatten Wasser in Wohnungen oder Kellern. Pfarrer Norbert Büchner war pausenlos als Notfallseelsorger und als Manager für Helfer und Betroffene im Einsatz.

Klosterkirche wird geliebt und angenommen

Doch wenn man 175 Jahre Pfarreigeschichte betrachtet, ist die diesjährige Flut eine, wenn auch schwere, Episode. Böhmische Glasmacher und andere Fabrikarbeiter waren die ersten Katholiken, die sich im protestantischen Pirna wieder niederließen. 1822/23 stiftete die sächsische Prinzessin Maria Cunigunde für sie eine Schule und eine Kapelle. 1869 konnten sie ihre Kirche einweihen, ein neogotisches Ensemble mit Pfarr- und Kaplanshaus, das einem heutigen Pfarrzentrum vergleichbar ist.

Die Gemeinde wuchs stetig, bis 1945 mit der Aussiedlung der Sudetendeutschen, der Schlesier, Ostpreußen und ungarischen Schwaben ein unerhörter Zustrom kam. Viele blieben im grenznahen Pirna in der Hoffnung, vielleicht nach Hause zu können. Die Pfarrei bemühte sich 1952, die frühgotische Klosterkirche zu pachten, die über Jahrhunderte als Lagerraum missbraucht und in desolatem Zustand war. Als sie endlich nach schwierigen Verhandlungen mit den DDR-Oberen und ebenso schwieriger Beschaffung von Baumaterial 1957 zur Verfügung stand, waren viele der "Umsiedler", wie es im DDR-Sprachgebrauch heißen musste, schon gen Westen gezogen.

Aber die Menschen lieben ihre Klosterkirche St. Heinrich. Jetzt, wo die Türen tagsüber sperrangelweit offen stehen müssen, damit die Nässe hinaus zieht, finden sich Stunde für Stunde Gemeindeglieder, die für sie da sind. Johannes Förster ist einer von ihnen. Schnell komme ich mit ihm ins Gespräch über Baudetails, daran ablesbare Glaubensinhalte und über das Leben der katholischen Gemeinde. Dazwischen informiert er einen Besucher, der angesichts der Schäden spenden möchte, und ermuntert andere zum Gottesdienst am Sonntag wiederzukommen.

"Hoffentlich spielt Petrus bei allen Feierlichkeiten der Festwoche mit, denn vieles muss sich notgedrungen im Freien abspielen", sagt er. Auf den ersten Programmpunkt, eine Ausstellung im benachbarten Kapitelsaal des Kreismuseums musste leider verzichtet werden, denn das Museum ist ebenso unter Wasser gewesen wie die Kirche. "Alles andere ziehen wir durch", versichert auch Pfarrer Norbert Büchner, der nie bauen wollte und es jetzt einfach anpackt. Aber gefeiert wird außerdem. Zuerst im sanierten Kinderhaus. Bei ihm ist doch "nur" der Teil des Gartens verschlammt, der im ehemaligen Stadtgraben liegt. Die modern umgebaute Villa steht zum Glück wie auf einem Deich und ist bereits voller Leben. Am 24. September steigt ein großes Kinderfest, und die festliche Neueröffnung wollen die Pirnaer am 27. September begehen, gefolgt von einem Tag der offenen Tür für alle Interessierten am 28. September. Zur Vigilfeier am gleichen Tag werden 18.30 Uhr die Dresdner Kapellknaben singen.

Festgottesdienst am 29. September findet statt

Die Pfarrgemeinde selbst will sich in diesen Tagen ihrer Geschichte besinnen und aus der Rückschau Kraft gewinnen. Auch das Feiern in froher Gemeinschaft kommt nicht zu kurz. Die Senioren waren bereits per Bus im Erzgebirge unterwegs und knüpften Kontakt zur Heimatgemeinde ihres Pfarrers. Glücklicherweise war das große Gemeindefest am Samstag, dem 21. September, seit langem in einer Brauhausgaststätte geplant, weit weg von der Elbe. Ein Chor aus Decin wird den Festgottesdienst am 29. September musikalisch mitgestalten. Diese Messe mit dem Bischof wird Abschluss und Höhepunkt der Feierlichkeiten sein. In der Klosterkirche wird der Gottesdienst auch zum Zeugnis werden, dass die Gemeinde sich von schweren Prüfungen nicht unterkriegen lässt und voller Gottvertrauen sagt: "Wir machen weiter."

Ursula Wicklein

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 38 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 19.09.2002

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