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Auf zwei Minuten

Über Sünden lachen ?

Erkenntnis der großzügigen Barmherzigkeit Gottes

Pater Damian

Ein Mann, so Martin Buber in den Erzählungen der Chassidim, geht zum Rabbi des Dorfes, um seine Sünden auszusprechen. An der Tür weist ihn die Frau des Rabbi ab, weil gerade jemand anderes zum Gespräch bei ihrem Mann sei. In diesem Augenblick hört der Mann schallendes Gelächter aus dem Inneren des Hauses. Irritiert fragt er nochmals, ob er denn wirklich nicht den Rabbi sprechen könne, es seine höchst wichtige Angelegenheit. In dem Moment, als die Frau verneint, lachen der Rabbi noch lauter als vorher und klatschen sich auf die Schenkel. Der Mann an der Tür möchte sich gerade böse abwenden, da tritt der Rabbi aus dem Zimmer. "Eine schöne Beichte ist mir das! Darf man denn über Sünden lachen?", schleudert der Mann an der Tür ihm entgegen. "Das musst du sogar!", erwiderte der Rabbi. "Solange du über deine Fehler und Dummheiten nicht von Herzen lachen kannst, hast du dich noch nicht frei gemacht, und der Allerhöchste, gelobt sei er, kann sie dir nicht vergeben."

Diese Geschichte mag uns zunächst irritieren und befremden. Wird hier nicht der Ernst der Sünde und der Schaden, den sie anrichtet, verkannt? Haben wir Sinn für diese Art von Humor? Humor ist nicht das Gegenteil von Ernst. Humor haben bedeutet nicht, alles auf die leichte Schulter zu nehmen und gedankenlos über Dinge und Ereignisse hinwegzugehen. Wer echten Humor hat, kommt der Wahrheit über sich selbst und andere sogar näher als der Humorlose und Verkrampfte. Warum? Weil er von sich selbst Abstand nehmen kann: Er steht der Erkenntnis der Wahrheit nicht zu sehr im Wege mit seiner sich allzu wichtig nehmenden Person, mit seinen Ängsten und Sorgen. Humor schafft Freiheit. Es gibt ein befreiendes Lachen. Auch unserem Verhältnis zu Gott tut ein Schuss Humor gut. Mir scheint, in der Geschichte vom Sündenfall, wie sie im ersten Buch der Bibel dargestellt wird, ist ein humorvoller Zug. Die Sünde Adams und Evas -und damit jede Sünde des Menschen -ist eine ernste Sache und hat schlimme Folgen. Aber daraus folgt nicht, dass sie eine grandiose menschliche Tat ist. In den heidnischen Mythen nahm der Mensch seine Sünde ungeheuer ernst. Er wollte die Weisheit der Götter erlangen, wollte sein wie sie und seine Grenzen überschreiten. Der biblische Autor aber stellt Adam und Eva nach dem "Sündenfall" als recht lächerlich hin: "Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten..." Ja, was erkannten sie? " ... dass sie nackt waren!" Eine peinliche, gar nicht großartige Lage der frischgebackenen Götter. -Nach Gerhard Hauptmann ist "Humor Erkenntnis der Grenze, verbunden mit grenzenloser Erkenntnis." In unserem Zusammenhang: Vor allem Erkenntnis der großen Barmherzigkeit Gottes.

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 39 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 26.09.2002

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