Bisher eine halbe Million Euro verteilt
Wie hilft die Caritas im Bistum Dresden-Meißen den Flutopfern? / Fragen an den Caritasdirektor
Die Hilfsbereitschaft in den Tagen nach der Hochwasser-Katastrophe war und ist groß. Jetzt gilt es, den Betroffenen zu helfen und ihnen vor allem die Spendengelder zur Verfügung zu stellen. Wie das der Caritasverband im Bistum Dresden-Meißen macht, erklärt Caritasdirektor Horst Kutschke in diesem Interview:
Frage: Herr Kutschke, immer wieder kann man derzeit hören und lesen, dass es bei der Vergabe der Spendengelder zu bürokratisch zugehe. Was ist dran an diesem Vorwurf?
Kutschke: Lassen Sie mich so antworten: Wir haben bisher im Bistum Dresden-Meißen mehr als eine halbe Million Euro an die Flutopfer verteilt. Eine Summe übrigens, die tagtäglich wächst. Knapp 200 von der Caritas zur Verfügung gestellte Kondenstrockner stehen in feuchten Häusern. Wir haben zusätzlich zehn Mitarbeiter eingestellt, die sich ausschließlich um vom Hochwasser geschädigte Menschen kümmern. Nicht zu vergessen die unzähligen ehrenamtlichen Mitarbeiter vor Ort. All das soll helfen die Spenden so unbürokratisch und so schnell wie möglich an die Betroffenen weiterzuleiten.
Frage: Wie schnell und unbürokratisch macht die Caritas die Weitergabe der Spenden möglich?
Kutschke: In der Regel sollte das Geld ein bis zwei Wochen nach der Antragstellung überwiesen sein.
Frage: Antragstellung?
Kutschke: Ja, während wir direkt nach der Flut insgesamt 130 000 Euro als Soforthilfe ausgezahlt haben, verteilen wir seit knapp zwei Wochen die so genannte Instandsetzungsbeihilfe. Bei der Soforthilfe erhielten die Geschädigten Beträge zwischen 100 und 200 Euro. Nun aber geht es um Beträge von bis zu 5000 Euro pro Haushalt. Das sind Summen, die sie nicht mehr einfach so ungeprüft auszahlen können. Deshalb müssen Anträge gestellt werden.
Frage: Und wie kommen die Flutopfer an solch einen Antrag?
Kutschke: Über die Caritas-Mitarbeiter vor Ort. Wir haben in unseren betroffenen Dekanaten Chemnitz, Zwickau, Dresden, Meißen und Leipzig ein Netz von Sozialarbeitern gesponnen. Ziel ihrer Arbeit ist es, so viel Geschädigte wie möglich zu Hause aufzusuchen, um sich selbst ein Bild der Lage machen zu können und um gleichzeitig gemeinsam mit den Menschen die Anträge ausfüllen zu können.
Frage: Welche Erfahrungen machen dabei Ihre Mitarbeiter vor Ort?
Kutschke: Dass es vielen erst zweitrangig ums Geld geht. Die meisten sind froh, wenn sie merken: Da ist jemand, der kümmert sich um uns, dem kann ich auch mal mein Leid klagen. Erst dann geht es, wenn man es so nennen darf, ums Geschäftliche.
Frage: Trotzdem hört man auch immer wieder davon, dass es Menschen geben soll, die versuchen, doppelt und dreifach zu kassieren. Wie beugen Sie dem vor?
Kutschke: Zunächst einmal glauben wir an das Gute im Menschen. Aber natürlich: Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber dem Spender.
Frage: Und wie werden Sie der gerecht?
Kutschke: Gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz und der Diakonie haben wir Vergabekriterien vereinbart. Geholfen wird laut diesen Kriterien vor allem den sozial Schwachen. Vor diesem Hintergrund berechnet sich auch die Höhe der Zuwendungen. So sehen die Anträge beispielsweise Zuschläge für Pflegebedürftige, chronisch Kranke, Behinderte und für allein Erziehende vor. Bedacht werden dabei allerdings nur Haushalte deren Jahresnettoeinkommen unter 30 000 Euro liegt.
Frage: Das allein verhindert allerdings noch keine Doppelauszahlungen ...
Kutschke: Das nicht, die gemeinsame Datenbank der Wohlfahrtsverbände aber schon. Nach der Aufnahme eines Antrages werden Name, Anschrift und Personalausweisnummer in der Datenbank registriert. Wer einmal aufgenommen und auch mit Spenden bedacht wurde, kann dann kein zweites Mal kassieren.
Frage: Bleiben die Spenden, die etwa die Pfarrämter oder auch die Medien verteilen. Tauchen diese Gelder auch in der Datenbank auf?
Kutschke: Nein, genauso wenig wie die Leistungen der Versicherungen. Gerade deshalb empfinde ich es als enorm wichtig, dass sich unsere Sozialarbeiter vor Ort ein Bild der Lage machen. Denn auch anhand des Schadens kann man einschätzen, ob die Gefahr einer Voll- oder gar Überfinanzierung besteht.
Frage: Das sind Probleme, auf die auch eine Kirchengemeinde stoßen kann, die direkt Spenden bekommen hat. Oft sind diese Spenden verbunden mit der Vorgabe des Spenders, sie an besonders kinderreiche Familien auszuzahlen. Können Sie den Gemeinden bei der Verteilung der Spenden helfen?
Kutschke: Prinzipiell ja. Allerdings empfehle ich den Gemeinden eine enge Zusammenarbeit mit den Caritas-Stellen vor Ort. Nur, eines darf man nie vergessen: Der Wille des Spenders muss erfüllt werden.
Frage: Eine Verantwortung, die auch die Caritas trägt. Wie hoch ist die Gesamtsumme der Spenden, die sie derzeit verteilen?
Kutschke: Allein für die jetzige Phase der Instandsetzungsbeihilfen steht uns ein Betrag von acht Millionen Euro aus Spendenmitteln von Caritas International und vom Diözesanverband zur Verfügung.
Frage: Ist das Hilfsprogramm nach Verteilung dieser Gelder abgeschlossen?
Kutschke: Nein, wir bereiten derzeit die Wiederaufbauhilfe bevor. Dabei werden noch einmal vier Millionen Euro in den Wiederaufbau zerstörter Wohngebäude investiert. Die Kriterien dafür erarbeiten wir gerade gemeinsam mit den anderen Wohlfahrtsverbänden und dem Diözesanverband der Caritas in Magdeburg. An dieser Stelle möchte ich allen Spendern danken, die es uns ermöglichen, gemäß dem Caritas- Motto "Not sehen und handeln" hier in den Hochwassergebieten Hilfe zu leisten.
Fragen: Sven Reckern
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 26.09.2002