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Bistum Magdeburg

Im Gespräch: Mystik und moderne Kunst

Eine Ausstellung im Kloster Helfta

Ausstellung als Experiment in Helfta Helfta (mh) - "Ich bin heiser in der Kehle meiner Keuschheit" -ein ungewöhnlicher Titel für eine Ausstellung. Dieser Satz der Mystikerin Mechthild von Magdeburg (^ 1282) steht als Motto über einem Projekt, dem sich die Besucher im Kloster Helfta noch bis Pfingsten stellen können. An diesem Ort, an dem im Mittelalter Mechthild und die beiden anderen großen Mystikerinnen Mechthild von Hackeborn (^ 1299) und Gertrud die Große von Helfta (^ 1302) lebten, wer-den jetzt Zeichnungen und Objekte von zwei Berliner Künstlerinnen der Gegenwart gezeigt. Birgit Cauer (geboren 1961) und Renate Wiedemann (geboren 1967) haben sich auf das Wagnis eingelassen, ihre künstlerischen Werke mit den in Sprache gefassten Erfahrungen der Helftaer Mystikerinnen in Verbindung zu bringen.
"Die Ausstellung ist ein Experiment", sagt Dr. Hildegund Keul. Die Referentin für Frauenseelsorge und Frauenbildung im Bistum Magdeburg, zuständig für die theologische Konzeption der Ausstellung, verbindet damit die Hoffnung, "dass sich die Mystik in der Gegenwart, in unserer Zeit neu verwurzelt". Die Schwierigkeiten dabei liegen auf der Hand: Die mittelalterliche Mystik ist für den modernen Menschen oft schwer verständlich. Frau Keul: "Wir leben in einer ganz anderen Welt, das mittelalterliche Denken und die Sprache sind uns fremd."
Einen möglichen Zugang soll die Ausstellung bieten: In ihr sind die Werke der Künstlerinnen, die allerdings nur teilweise direkt mit Blick auf diese Ausstellung entstanden sind, mit Sprüchen der Mystikerinnen in Beziehung gesetzt. "Beide haben dabei nicht einfach dasselbe zu sagen, aber sie beginnen miteinander ein Gespräch", sagt Frau Keul. Ein Beispiel: die Wasserinstallation von Renate Wiedemann: In einer mit Wasser gefüllten Schale, die in ihrer Form an ein Taufbecken erinnert, schwimmen einzelnen Buchstaben aus Pappe. Das Wasser wird durch eine Pumpe für eine Minute bewegt, die Buchstaben wirbeln durcheinander. Dann stellt sich für drei Minuten Ruhe ein. Umgeben ist das Becken von drei ebenfalls aus einzelnen Pappbuchstaben gefertigten Vorhängen. Neben der Installation steht ein Satz von Gertrud der Großen: "Vor dir steht die leere Schale meiner Sehnsucht."

Reden und Schweigen, Verstummen und Zur-Sprache-Finden - Themen, mit denen sich die Mystikerin Gertrud und die Künstlerin Wiedemann auf ihre je eigenen Weise auseinandersetzen. Renate Wiedemann, die 1999 ihr Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee als Meisterschülerin abschloss und heute als freischaffende Künstlerin tätig ist, zum Thema Sprache: "Sprache verbindet. Wir kommunizieren über sie miteinander und geben unser Wissen weiter. Die vielen verschiedenen Sprachen oder die zahllosen Abkürzungen, die wir heute verwenden, schaffen aber auch Verwirrung." Und um zum Eigentlichen zu kommen, zur Botschaft, ist Unruhe fehl am Platz. Es braucht Zeit. Wer ihre Wasserinstallation betrachtet, muss warten, bis sich das Wasser im Becken beruhigt hat, um dann vielleicht die Botschaft zu entdecken.

Mit Spannung erwarte sie, was sich in den nächsten Wochen aus dem Experiment entwickeln werde, sagte Frau Keul zur Ausstellungseröffnung, "auch mit dem Blick derer, die sich die Bilder und Objekte anschauen - mit Freude oder Skepsis, mit Stirnrunzeln oder Aha-Erlebnis".

Die Ausstellung (Eintritt: 2 Mark) ist bis 4. Juni sonn- und feiertags 9 bis 11.30 Uhr und 14 bis 16.30 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Ein Gespräch mit der Künstlerin Birgit Cauer findet am 13. Mai (ab 14 Uhr) statt. "Mystik und Kunst" - unter diesem Thema führt Frau Dr. Hildegund Keul vom 24. bis 27. Mai jeweils um 15 Uhr durch die Ausstellung.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 19 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 10.05.2001

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