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Bistum Erfurt

Wenn es plötzlich nicht weiter geht

Beim Caritas-Aktionstag "Seelische Gesundheit" schilderte ein Betroffener seine Erlebnisse

Leinefelde (cpd / as) -Was ist normal? Wenn man sich trotz schwerer Depression unauffällig verhält und den Anforderungen des Alltags genügen kann? Der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen und sich besser zu fühlen, bedeutet für viele psychisch Kranke schon eine Besserung. Im Rahmen des Caritas-Jahresthemas "Mittendrin draußen: psychisch krank" fand Mitte September in der Regionalstelle Leinefelde ein Aktionstag "Seelische Gesundheit" statt. Rund 120 Betroffene, Angehörige und Interessenten waren gekommen. In Vorträgen über psychische Probleme in der Gesellschaft, Krankheitsbilder und den Umgang mit psychisch kranken Angehörigen konnten sich die Teilnehmer über das Thema informieren. Zahlreiche Gruppenangebote ergänzten das Programm.

Eine psychische Erkrankung ist ein Weg durch die Einsamkeit. Das zeigte der Bericht eines Betroffenen. Ludwig Burkhard aus Silkerode im Eichsfeld schilderte seine Krankheit. "Mein Leben ist eigentlich ganz normal verlaufen. Verheiratet, Tochter, Haus, Beruf", sagte der heute 38-Jährige. 1998 brach die Krankheit aus. Sein Leben und sein Verhalten wurden unregelmäßig, überzogen, mitunter apathisch. Die ganze Familie war ratlos, konnte mit der Krankheit nicht umgehen. Dann kam die Zwangseinweisung in das Landesfachkrankenhaus Pfafferode / Mühlhausen. "Hier wurde erstmals eine psychische Erkrankung festgestellt und erste Maßnahmen eingeleitet", berichtet Ludwig Burkhard. Dann kam ein weiterer Schicksalsschlag: Die Familie trennte sich von ihm, er musste allein zurechtkommen. Eine zweite Einweisung und die Berentung folgten. Heute ist Ludwig Burkhard auf Medikamente angewiesen. In den Eichsfelder Werkstätten, einer anerkannten Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, fand er eine neue Beschäftigung und hat inzwischen auch eine neue Lebensgefährtin kennen gelernt. Nach Zeiten der Einsamkeit und Isolation gelang es Ludwig Burkhard, wieder ein Stück zurück in die Gesellschaft zu finden.

Psychisch Kranke: Ein Phänomen, mit der sich die Gesellschaft immer noch schwer tut. Sie gelten als verrückt, anormal, nicht lebensfähig, und am Ende wird ihnen selbst die Schuld an der Situation gegeben. Dass es jeden treffen kann, gerät dabei häufig aus dem Blickfeld. "Was psychisch Kranke wie andere brauchen, ist Anerkennung als Kranke, Respekt und Verständnis und bedarfsgerechte Hilfe", betont Diözesan-Caritasdirektor Bruno Heller. Die Caritas wolle dieses Problem ins öffentliche Bewusstsein rücken. Die Abschluss- Veranstaltung zum Jahresthema findet am 14. November in Erfurt statt.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 41 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 10.10.2002

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