Dem Ursprung eng verbunden
Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem feierte in Görlitz die Aufnahme neuer Mitglieder
Görlitz (mh) -Die Aufmerksamkeit war ihnen am vergangenen Wochenende in Görlitz gewiss: den Männern in ihren weißen Umhängen mit einem großen roten Jerusalemkreuz, das an die fünf Wundmale Jesu erinnert, und den Frauen mit ihren schwarzen Haarschleiern und Kleidern. Rund 600 Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem waren aus ganz Deutschland in die Neißestadt gekommen, um hier -zum ersten Mal in den neuen Bundesländern -neue Mitglieder aufzunehmen.
Grund für die Aufmerksamkeit war nicht nur die ungewöhnliche Bekleidung, sondern eine Kritik im Vorfeld des Treffens, denn: Der wichtigste Gottesdienst mit der Aufnahme der neuen Mitglieder, die so genannte Investitur, fand in der evangelischen Peterskirche statt. Ein evangelischer Pfarrer reagierte auf die Ankündigung mit einer harten öffentlichen Kritik. "Wir müssen diese kritische Haltung respektieren", sagte Paul Oldenkott, als Statthalter zuständig für den Ritterorden in Deutschland. Zugleich verwies er darauf, dass "wir schon öfter die Gastfreundschaft in evangelischen Kirchen genießen durften", etwa im Berliner Dom oder in der evangelischen Hauptkirche von Hamburg. Dabei ging es -wie auch jetzt in Görlitz -um die Größe des Gottesdienstraumes. Oldenkott: "Auf keinen Fall wollen wir eine evangelische Kirche entweihen." Diese Vorgeschichte sei betrüblich, sie könne aber auch ein Impuls für das ökumenische Gespräch in der Stadt sein.
Um Verständigung war auch die evangelische Seite bemüht: Dass die Kirche aus Platzgründen zur Verfügung gestellt werde, sei kein Widerspruch gegen Schrift und Bekenntnis, "weil die gastweise Öffnung einer Kirche nicht die Verschiedenheit und offensichtlichen Gegensätze der Kofessionen mit ihren Bekenntnissen aufhebt oder vertuscht", erklärte die Kirchenleitung. Und der Vertreter der evangelischen Innenstadtgemeinden begrüßte die Gottesdienstbesucher in der Peterskirche mit den Worten: "Wir freuen uns, dass wir ihnen unsere Räume zur Verfügung stellen können."
Den Gottesdienst leitete der Eichstätter Bischof Walter Mixa, der selbst dem Orden angehört. Die 19 neuen Mitglieder -sieben kommen aus den neuen Bundesländern -erhielten von ihm Ordensmantel und Ordensinsignien, die Männer, die nicht Priester sind, außerdem den Ritterschlag. Das Schwert solle daran erinnern, "dass das Reich Gottes nicht mit Krieg und Gewalt errichtet wird, sondern mit Glaube, Hoffnung und Liebe", unterstrich Bischof Mixa dabei. Im Aufnahmeritus heißt es deshalb auch: "Ritter oder Dame des Heiligen Grabes zu werden, besagt heute, überall gewaltfrei und furchtlos für das Reich Christi und die Kirche einzustehen, Nächstenliebe zu üben, aus dem Geist des christlichen Glaubens und der christlichen Liebe zu leben und besonders die Mitchristen im Heiligen Land zu unterstützen."
Die Unterstützung der Menschen im Ursprungsland des Christentums ist für den Ritterorden eine der Hauptaufgabe. In der gegenwärtig dramatischen Lage im Heiligen Land mit Israel, der Westbank, Gaza und Jordanien, will die Gemeinschaft helfen, Christen eine Zukunft zu geben. Aus Betlehem beispielsweise sei inzwischen über die Hälfte der Christen weggezogen. Christa von Siemens, Mitglied der Heilig-Land-Kommission: "Im Heiligen Land müssen Menschen hungern." Deshalb habe der Ritterorden auch seine Bautätigkeit zugunsten der humanitären Hilfe reduziert. Diese Hilfe komme dabei nicht nur Katholiken zugute, unterstrich von Siemens. Unterstützt würden Christen aller Konfessionen und Angehörige aller Religionen. Die weltweit rund 20 000 Mitglieder des Ritterordens stellen dafür jährlich rund sechs Millionen Dollar zur Verfügung, aus Deutschland kommt etwa eine Million Euro.
In der konkreten politischen Auseinandersetzung verhalte sich der Orden neutral, unterstrich Statthalter Oldenkott. Über das humanitäre und soziale Engagement hinaus appellierte Bischof Mixa in der Predigt allerdings: "Beten Sie, dass bald wieder Frieden kommt und setzen Sie sich -soweit es Ihnen möglich ist -bei den politisch Verantwortlichen dafür ein, dass Friede wieder möglich wird."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 10.10.2002