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Auf zwei Minuten

Kann ich mein eigenes Leben annehmen?

...von Pater Damian

Pater Damian Meyer "Wenn ich doch die Intelligenz und den Unternehmergeist eines Bill Gates hätte, dann konnte ich alles im Leben erreichen!" "Wenn ich schön wäre wie eine Claudia Schiffer ..." "Wenn ich berühmt wäre wie ein großer Hollywood-Schauspieler ..." "Warum haben mir meine Eltern nicht eine bessere Erziehung zukommen lassen, mich nicht auf gute Schulen geschickt und mir mehr Selbstvertrauen geschenkt?" "Warum musste ich in diesem Kaff aufwachsen?" "Warum ist das Schicksal so ungerecht?"
Aus solchen und ähnlichen Gedanken mag der Stoff mancher Tagträume sein. Einmal abgesehen von Tagträumen: Schauen wir nicht alle manchmal neidisch auf andere Menschen, die anscheinend glücklicher sind und denen das Leben mehr und Besseres zugeteilt hat als uns? Manche Menschen geben sich ihr ganzes Leben mit solchen Gedanken ab. Sie sind voller Bitterkeit und Unzufriedenheit und machen sich dadurch selbst unglücklich.
Das Beste und Gesündeste, das wir tun können: Wir nehmen uns selbst an, wie wir sind. Jeder von uns ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, und jeder spiegelt eine andere Seite und einen anderen Aspekt des unendlich schönen und vielfaltigen "Angesichts" Gottes wider. Sich selbst und sein "Schicksal" annehmen und lieben lernen, das ist kein flacher Optimismus, keine falsche Frömmigkeit, keine Resignation oder passives Erdulden. Es bedeutet nicht, dass wir nicht wachsen und reif werden und unser Leben verbessern wollen; dass vor allem junge Menschen keine hohen Ideale haben sollen. Entscheidend ist: Wir nehmen uns selbst und unsere Situation realistisch als Ausgangspunkt an und flüchten uns nicht in nutzlose Fantasien und Tagträume. Nur dann können wir daran gehen, mit dem, was wir haben und sind, zu "wuchern", damit wir immer mehr unser wahres Selbst werden, worauf wir nach dem Plan Gottes angelegt sind.

Die Rolling Stones haben in einem ihrer Songs eine wichtige Einsicht verbreitet: Wir erhalten selten, was wir wollen, aber oft, was wir brauchen. Schon der weise Kohelet, der "alles beobachtet, was unter der Sonne getan wird," zieht aus seinen Betrachtungen die Schlussfolgerung: "Was auch immer jemand war, er hat vorher schon seinen Namen bekommen; es war erkannt, dass er nur ein Mensch sein wird, und er kann nicht mit dem streiten, der mächtiger als er ist ...Wer kann erkennen, was für den Menschen besser ist in seinem Leben, während der wenigen Tage seines Lebens voll Windhauch, die er wie ein Schatten verbringt? Und wer kann dem Menschen verkünden, was nach ihm unter der Sonne geschehen wird ?" (Koh 7,10-12).

Uns selbst anzunehmen, ist die Voraussetzung dafür, geistige und geistliche Fortschritte im Leben zu machen. Anthony de Mello sagt dazu in einer Weisheitsgeschichte: "Wie kann ich mich verändern?" - "Du bist du selbst, deshalb kannst du dich selbst ebenso wenig verändern, wie du deinen eigenen Füßen davonlaufen kannst." - "Gibt es also nichts, was ich tun kann?" - "Du kannst dies begreifen und akzeptieren." - "Wie werde ich mich ändern, wenn ich mich selbst akzeptiere?" - "Wie willst du dich ändern, wenn du dich nicht akzeptierst? Was du nicht akzeptierst, änderst du nicht, du schaffst es nur, es zu unterdrücken."

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 19 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 10.05.2001

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