Das Gebet im Wohnzimmer
Christen in Nordhausen haben den Rosenkranz als Familiengebet wiederentdeckt
Nordhausen (as) -Auf dem Tisch liegen Herbstblätter und ein großer Rosenkranz, daneben steht eine Kerze. Franziska, Maximilian und die anderen Kinder haben sich auf die Kissen gesetzt, die auf dem Fußboden liegen -der Pfarrer bringt noch die Liederbücher. Bei Familie Böck in Nordhausen ist an diesem Sonntag ein gemeinsames Rosenkranzgebet mit anderen Familien angesagt. Seit vergangenem Jahr treffen sich die Nordhäuser Christen im Oktober zum Rosenkranzgebet. Aber nicht wie üblich in der Kirche, sondern im Wohnzimmer. In diesem Jahr findet das Ganze bei Böcks im Osten Nordhausens statt. "Es gibt noch zwei andere Gruppen, außerdem ein weiteres Angebot zum Rosenkranzgebet in der Kirche", erläutert Pfarrer Wolfgang Ipolt.
Es waren vor allem zwei Gründe, die ihn auf die Idee brachten, das "Rosenkranzgebet in die Häuser zu tragen". Zum einen die mangelnde Beteiligung an den Rosenkranzandachten in der Vergangenheit. Zum anderen: "Wohnungen sind Orte, wo man lebt, arbeitet, sich streitet und wieder verträgt. Hierher gehört auch das Gebet", ist Pfarrer Ipolt überzeugt. Denn das alltägliche Leben habe mit Gott zu tun. Für den Pfarrer ist dies auch ganz entscheidend für die Außenwirkung der Christen. "Wir können nur nach außen gehen, wenn wir auch innerlich gestärkt sind." Ein wichtiger Aspekt sei, dass sich bei Priestermangel und kleiner werdenden Gemeinden die Gläubigen in Zukunft stärker an der Gestaltung der Gottesdienste und Gemeindearbeit beteiligen -und das auch in kleineren Kreisen.
Dass das durchaus funktioniert, bestätigt die Gastgeberin des Sonntagnachmittags, Carola Böck. Sie hat den Rosenkranz durch die neue Form vor allem als Familiengebet entdeckt. "Für die Kinder gehört der Rosenkranz schon zum festen Ritual im Oktober", sagt sie. Schön sei es, gemeinsam in der Familie zu beten und damit zu zeigen, dass das Gebet dazugehört. Die Sonntagnachmittage mit anderen Familien auch außerhalb des Rosenkranzmonats zu gestalten, ist für Frau Böck ebenfalls wichtiges Anliegen. "Mit der Kolpingsfamilie unternehmen wir viel zusammen, gestalten Gottesdienste gemeinsam oder verbringen die Wochenenden zusammen." Pfarrer Ipolt bestätigt, dass sich die Zahl der Rosenkranzbeter in Nordhausen erhöht hat. "Es sind etwa 60 Leute, die im Oktober am Sonntagnachmittag den Rosenkranz beten." Er hofft, dass sich die neue Form des Rosenkranzes in der Gemeinde weiter festigt.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 24.10.2002