Heiligenrallye rund um die Kathedrale
Kindertag in Görlitz auf den Spuren des heiligen Philipp Neris

Görlitz (mim) -Alle Ecken und Winkel in und um die Görlitzer Kathedrale St. Jakobus waren am 31. Oktober, dem Tag vor Allerheiligen, ganz in Kinderhand. Emsig liefen hier und da kleine Gruppen über das Gelände, bewaffnet mit einem Zettel und einem Stift. Selbst die ehrwürdige Kathedrale war nicht sicher. Von allen Seiten war dort ein geheimnisvolles Flüstern zu vernehmen. Überall wurde kräftig recherchiert, überlegt und diskutiert.
Grund für diese kleine Invasion von rund 50 Kindern war eine über zehn Jahre bestehende Tradition in den Gemeinden von Görlitz. Immer um Allerheiligen findet ein Kindertag statt. Dann sind alle Kinder und Jugendlichen aus den vier Görlitzer Gemeinden eingeladen, einen Heiligen kennen zu lernen. In den vergangenen Jahren standen die heilige Hedwig, Pater Damian de Veuster oder der heilige Jakobus im Mittelpunkt. Dieses Jahr drehte sich alles um Philipp Neri, der im 16. Jahrhundert lebte und als Begründer des Oratoriums, einer Gemeinschaft von Weltpriestern, bekannt wurde.
Der Tag begann mit einem kleinen Theaterstück, aufgeführt von sechs Jugendlichen, die selbst vor mehreren Jahren an den alljährlichen Kindertagen teilnahmen. In kleinen Spieleinheiten wurden den Kindern im Alter von sechs bis 16 Jahren wichtige Ereignisse im Leben Philipp Neris näher gebracht. Gespannt beobachteten die Mädchen und Jungen, wie Neri durch kleine Gesten Schmerzen anderer lindern konnte oder wie er täglich bis zu seinem Tod einen Kreis junger Menschen um sich scharte, denen er aus der Bibel vorlas, die Heilige Schrift erklärte und mit denen er betete. Sie lernten, dass aus diesen damaligen Treffen Neris die Weltpriestergemeinschaft des Oratoriums entstand und dass Philipp Neri auch die musikalische Kunstform des Oratoriums prägte. Dies tat er, indem er die Musikalischen in seiner Gemeinschaft aufforderte, Texte der Heiligen Schrift zu vertonen, zu singen und vorzuspielen. Und so waren auch alle Zuschauer im Raum zum Musizieren aufgefordert. Jeder bekam ein Instrument in die Hand und durfte lautstark mitmachen.
All diese Informationen galt es dann bei einer "Heiligenrallye" rund um das Gelände der Kathedrale anzuwenden. Aufträge wie "Im Jahre 1515 wurde Pillip Neri getauft. Geht zum Taufbrunnen!" führten die Kinder zu einigen kniffligen Aufgaben, die auf dem ganzen Pfarrgelände verteilt waren. So erwartete sie am Taufbrunnen die Frage "Welchen Namen erhielt Philipp bei seiner Taufe? Philipp, Filippo oder Philippus?" Oder an der Säule beim heiligen Jakobus stand beispielsweise die Frage: "An welchem Datum feiern wir den Festtag eines Heiligen? An seinem Geburtstag, an seinem Todestag oder an dem Tag seiner Heiligsprechnung?" Gemeinsam lösten die Kinder mit viel Begeisterung und Köpfchen die Aufgaben.
"Wir veranstalten die Kindertage, damit die jungen Christen unserer vier Gemeinden in Görlitz zusammenfinden und nebenbei einen Heiligen kennen lernen", erzählt Gabriele Kretschmer, Gemeindereferentin der Pfarrei St. Jakobus und Inititiatorin der Kindertage. "Viele Kinder bringen ihre Freunde hierher mit, andere wiederum kennen sich nicht einmal. Das ist immer wieder ein Phänomen, wie sie dann jedes Mal im Laufe des Tages zueinander finden."
So erging es auch dem achtjährigen Sebastian Richter: "Erst dachte ich, das wird ganz langweilig hier, weil ich niemanden kannte. Aber dann hab ich bei der Rallye Maximilian, Theresa, Robert und Claudia kennen gelernt und wir haben ganz viel Spaß bei den Aufgaben gehabt", sagt er und strahlt über das ganze Gesicht. Nur die kleine sechsjährige Theresa äußerte ein wenig Kritik: "Die Rallye und das Theaterstück waren richtig gut. Ich bin aber eigentlich hierhin gekommen, weil ich dachte, wir basteln. Aber wir basteln ja gar nicht", erzählt sie und schaut dabei etwas grimmig drein.
Nach dem Mittagessen ging es im Programm gleich weiter. Drei verschiedene Workshops standen zur Auswahl. Die Kinder konnten sich an einem musikalischen Oratorium versuchen, Instrumente basteln oder Szenen aus dem Leben Philipp Neris malen. Damit war auch für die kleine Theresa der Tag gerettet und alle waren sich am Ende nach einem gemeinsamen Ausklang in der Kirche einig: Nächstes Jahr kommen wir wieder und dann bringen wir noch mehr Freunde mit.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 07.11.2002