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Aus der Region

Ein Rahmen für den Dialog

Der Leiter des Katholischen Büros Erfurt zur Integration der Theologische Fakultät in die Universitä

Ordinariatsrat Weinrich: Die Präsenz der Theologie an der Universität Erfurt eröffnet viele Chancen.

Die Integration der Theologischen Fakultät Erfurt in die Universität der thüringischen Landeshauptstadt ist perfekt. Am 19. November setzen der Botschafter des Vatikans, Erzbischof Giovanni Lajolo, und der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) ihre Unterschriften unter das Vertragswerk. Damit kommen langjährige Bemühungen, die theologische Hochschule als Fakultät in die Universität einzugliedern, zu einem guten Abschluss. Unter Leitung des Vatikans hat der Leiter des Katholischen Büros in Thüringen, Ordinariatsrat Winfried Weinrich, die Verhandlungen mit geführt. Der TAG DES HERRN sprach mit ihm.


Frage:
Herr Ordinariatsrat Weinrich, die Integration ist erreicht. Sind Sie zufrieden?


Weinrich:
Ich bin sehr froh, dass die Integration nun bevorsteht, weil damit auf Zukunft hin institutionalisiert -ein intensiver Dialog zwischen der katholischen Theologie und den anderen Geisteswissenschaften gewährleistet ist.


Frage:
Erste Überlegungen dazu gab es ja bereits bei Wiedergründung der Universität Erfurt 1994. Warum haben sich die Verhandlungen so lange hingezogen?


Weinrich:
Das Konzept für die Universität als geisteswissenschaftlicher Hochschule hatte von Anfang an neben philosophischer, staats- und erziehungswissenschaftlicher Fakultät auch die Theologie im Blick. Auch die Trägerbischöfe der damals noch Philosophisch-Theologisches Studium genannten katholischen Ausbildungsstätte, also die (Erz-)Bischöfe von Berlin, Dresden -Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg, wollten die Eingliederung in die Universität. Dennoch war ein innerkirchlicher Meinungsbildungsprozess notwendig, der nicht zuletzt den Vatikan als Vertragspartner einbezog. Der Erfolg dieses Prozesses hing davon ab, ob ein Vertrag zustande kommt, der mit den allgemein üblichen Regelungen in Deutschland vergleichbar ist. Und dies hat seine Zeit gedauert.


Frage:
Sie sprechen damit die so genannte "Nihil obstat"-Frage ("Nichts steht entgegen") an, eine Regelung, nach der die Kirche das letzte Wort über die Besetzung der Professorenstühle und die Lehrbefugnis der Theologieprofessoren hat ...


Weinrich:
Es geht um die Akzeptanz, dass die Theologie eine bekenntnisgebundene Wissenschaft ist und deshalb theologische Hochschullehrer gehalten sind, in ihrer Lehre und ihrer Lebensführung den kirchlichen Normen zu entsprechen. Andernfalls können sie nicht im Namen der Kirche lehren.


Frage:
Und diese Frage ist nun zufrieden stellend geregelt?


Weinrich:
Entscheidungen über die Lehrstühle können nicht ohne Zustimmung des Bischofs von Erfurt und damit letztlich in Abstimmung mit der römischen Glaubens- und Bildungskongregation getroffen werden. Thüringen erkennt diese Bedingung an. Dies bezieht sich auch auf das Recht des Bischofs im Falle einer Beanstandung.


Frage:
Ist die Finanzierung der theologischen Fakultät für die Kirche ein wichtiger Aspekt der Integration?


Weinrich:
Priorität hat ausdrücklich das Anliegen, einen institutionellen Rahmen für den Dialog zwischen den Wissenschaften zu schaffen. Dementsprechend hat der Vertrag keine einseitige Entlastung der Kirche im Blick. So wird die Theologische Fakultät auch künftig von den Bischöfen mitgetragen: Die umfassende Bibliothek der bisherigen kirchlichen theologischen Hochschule geht in die Universität ein. Die Alma Mater kann künftig die gut sanierten Räume der bisherigen kirchlichen Hochschule mietfrei nutzen. Zudem finanzieren die Bischöfe die Sanierung eines Gebäudes auf dem Unicampus. Für fünf Jahre bezahlt die Kirche ab kommendem Semester zudem einen Lehrstuhl für christliche Weltanschauung, Religions- und Kulturtheorie an der Universität.


Frage:
Es gab immer auch Stimmen in der Kirche, die dafür plädiert haben, die staatliche Unabhängigkeit beizubehalten ...


Weinrich:
Es gibt ja vier solcher kirchlichen Hochschulen in Deutschland, die aus ihrer Tradition heraus ohne Zweifel ihre Berechtigung haben. Aber gerade hier in der ostdeutschen Diaspora halten es die Bischöfe für wichtig, dass die katholische Theologie nun wenigstens an einer Universität fest verwurzelt sein wird. Im Vergleich dazu ist die evangelische Theologie an sieben Universitäten in den jungen Bundesländern vertreten. Durch Zugehörigkeit zu den entsprechenden Gremien ist der Dialog zwischen der katholischen Theologie und den anderen Wissenschaften an der Uni Erfurt institutionell abgesichert. Das bietet viele Chancen.


Frage:
Inwiefern?


Weinrich:
Die offene demokratisch pluralistische Gesellschaft ist auch auf die Stimme der Theologen angewiesen, selbst wenn hierzulande Christen die Minderheit bilden. Ethische und bioethische, soziale, philosophische und psychologische Probleme erfordern die Zusammenarbeit der verschiedensten Fachbereiche. Die Fragenvielfalt, mit der die Professoren unserer Theologischen Fakultät schon jetzt konfrontiert sind, macht deutlich, dass es bei diesem Dialog nicht um ein Glasperlenspiel geht. Studenten der verschiedenen Fachrichtungen haben nun noch stärker die Möglichkeit, sich auch mit theologischen Fragen aus katholischer Sicht zu befassen. An eine geisteswissenschaftliche Universität gehören katholische und evangelische Theologie.

Interview: E. Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 45 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 07.11.2002

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