Silbermanns Klang kehrte zurück
Abschluss der umfassenden Sanierung nach elfjähriger Arbeit / Empfang beim Bischof

Dresden -Die Dresdner Hofkirche, die Kathedrale des Bistums Dresden-Meißen, hat jetzt eine erneuerte Silbermannorgel, die genauso klingt wie zu jener Zeit, als sie eingebaut wurde. Mit der Weihe des Instrumentes, die Bischof Joachim Reinelt während eines Festgottesdienstes am 3. November vornahm, ist zugleich die elf Jahre dauernde Sanierung dieses Sakralbaus abgeschlossen worden, der 1738 bis 1754 nach Plänen des italienischen Architekten Gaetano Chiaveri errichtet wurde.
Von 1991 an hatte der Freistaat, seit 1830 Eigentümer des Kirchengebäudes, unter anderem die Decke des Hochschiffes instand setzen und neu einwölben lassen. Weiterhin wurde der 84 Meter hohe Turm gründlich saniert. Er war bei den Bombenangriffen vom Februar 1945 schwer beschädigt und später mehrfach gesichert und repariert worden. Der Glockenstuhl wurde in traditionellem Stil als Konstruktion aus Holzbalken wieder aufgebaut. So können Schwingungen besser abgefangen werden und gefährden nicht das Mauerwerk. Hinzu kam im vergangenen Jahr eine neue Glocke, die in Lauchhammer gegossen worden war.
Vollzählig sind seit Juli dieses Jahres die 78 Sandsteinfiguren von Lorenzo Matielli, jede mehr als drei Meter groß. 1945 waren 16 von ihnen völlig zerstört, 18 schwer beschädigt worden. Seit 1993 wurden 48 Figuren saniert und einzelne Teile an ihnen ergänzt. 14 der Heiligen aus Sandstein wurden als Kopien wieder aufgestellt.
Das mehr als neun Meter hohe und viereinhalb Meter breite Gemälde des Hochaltars, ein Werk von Anton Raphael Mengs aus dem Jahr 1765, Christi Himmelfahrt darstellend, musste gesichert und restauriert werden, weil es große Schäden aufwies. Der Freistaat hat für die elfjährige Sanierung nach Angaben des sächsischen Finanzministers Horst Metz (CDU) insgesamt rund elf Millionen Euro ausgegeben.
Letzter Höhepunkt war die Generalinstandsetzung der Orgel. Sie hatte vor einem Jahr begonnen. Notwendig geworden waren die Arbeiten, weil das Instrument, Gottfried Silbermanns letztes und größtes Werk, technisch verschlissen war. In die Arbeiten teilten sich die beiden Orgelbaufirmen Jehmlich und Wegscheider. Seine Firma habe eine neue Windanlage mit sechs Keilbälgen eingebaut, sagt Horst Jehmlich. Sie entspricht dem Original. Die Bälge, von Elektromotoren bewegt, können notfalls auch ohne elektrischen Strom getreten werden. Der Spieltisch, ein Originalstück Silbermanns, wurde wieder hergestellt.
Die wichtigste Veränderung jedoch: Das Instrument ist um einen halben Ton tiefer gestimmt worden -so wie 1755, als es zum ersten Mal erklang. Dazu mussten die insgesamt fast 3000 Pfeifen mit Metallringen verlängert oder eingesägte Stimmschlitze geschlossen werden. "Damit haben wir uns dem Reichtum der Ursprünglichkeit angenähert", sagt Orgelbauer Kristian Wegscheider. Nun könne in Dresden eine neue Tradition des Musizierens beginnen. Dies werde auch international große Beachtung finden. Wenn Orchesterinstrumente gemeinsam mit der Orgel spielen, wird ein so genanntes "Transponier-Manual" aufgesetzt, das bei jeder Taste den nächst höheren Halbton erklingen lässt, erklärt Domkapellmeister Matthias Liebich.
Nach Auffassung Kristian Wegscheiders hat das Instrument durch die tiefere Stimmung gewonnen: "Der Klang ist durchsichtiger und klarer, die Balance zwischen den Stimmen ist ausgeglichen, dadurch herrscht eine bessere Harmonie." Als "frischer und leuchtender" bezeichnet Domorganist Hansjürgen Scholze den Klang. Die Pfeifen seien nun auch reicher an Obertönen. Im Rahmen der Feierlichkeiten betonte Scholze weiter: "Bisher hatten wir eine weltbekannte Orgel, jetzt haben wir eine weltberühmte." Den Tag der Wiederinbetriebnahme bezeichnet der Domorganist als einen der aufregendsten in seiner 30-jährigen Dienstzeit. Die Orgelrestaurierung kostete fast 629 000 Euro. Den größten Teil dieser Summe übernahm der Freistaat. Ostdeutsche Sparkassenstiftung und Dresdner Stadtsparkasse steuerten 45 000 Euro bei.
Nach dem Festgottesdienst waren Organistinnen und Organisten des Bistums, Politiker, Mitglieder des Hauses Wettin und zahreiche andere Gäste zu einem Bischofsempfang ins Haus der Kathedrale eingeladen. Nach der Begrüßung durch Bischof Joachim Reinelt nahm unter anderem Georg Milbrad, der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen das Wort. Er betonte, dass ihm die Hofkirche richtig ans Herz gewachsen sei. Schon in seiner Zeit als Staatsminister für Finanzen begleitet Milbrad die Sanierung.
Tomas Gärtner / jak
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 07.11.2002