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Bistum Magdeburg

Begleitet aidskranke Menschen

Caritas-Sozialarbeiter Schulze berät seit kurzem aber auch Betroffene des DDR-Unrechts

Hans-Peter Schulze: 'HIV-Infizierte und Aidskranke werden in der Gesellschaft stigmatisiert, obwohl es jeden treffen kann.'

"Zum ersten Mal bin ich einem HIV-infizieren Menschen vor 15 Jahren begegnet. Anfang der 90 Jahre habe ich dann einen jungen Mann über vier Jahre begleitet, der an Aids erkrankt war und schließlich daran gestorben ist. Ich war mit ihm beim Beerdigungsinstitut, als er sich seinen Sarg aussuchte. Ich habe erlebt, wie er die Musik vorbereitete und verfügte, dass in der Totenkapelle unbedingt richtige Kerzen brennen sollten ... Die Beerdigung war eine würdige Feier."

Hans-Peter Schulze ist Diplom- Sozialarbeiter bei der Diözesan- Caritas in Magdeburg: Er berät gleichgeschlechtlich lebende Frauen und Männer. Und er begleitet Menschen, die HIV-infiziert oder aidskrank sind. Zu einem erheblichen Teil seiner Arbeitszeit ist er zudem in Sekundarschulen und Gymnasien, aber auch in Ausbildungseinrichtungen für Sozialberufe in Sachen Aidsprävention unterwegs. Und seit Juli dieses Jahres bietet er psychosoziale Beratung für Betroffene des DDR-Unrechts an -eine Aufgabe, die er im Rahmen seiner Beratungstätigkeit für gleichgeschlechtlich Lebende bereits seit Jahren wahrnimmt. "Die Schwulen- und Lesbengruppen in der DDR waren erheblich vom Staatssicherheitsdienst unterwandert", weiß er.

1987 hatte die Evangelische Stadtmission in Magdeburg, die sich schon einige Zeit um HIV-Infizierte und Aidskranke kümmerte, den Caritasverband angeregt, ebenfalls in diesem Bereich der Sozialarbeit tätig zu werden. Schulze, damals Fürsorger für das Dekanat Bernburg, übernahm die nicht leichte Aufgabe. "Durch meine Krebserkrankung Anfang der 80er Jahre und die damit verbundenen Therapien war ich an eigene Krisen und Klinikaufenthalte gewöhnt", sagt der 44-Jährige. "In dem ich Menschen mit ähnlich schweren Erkrankungen beistehe, hat meine eigene Krankheitsgeschichte doch einen Sinn, auch wenn ich auf diese Sinnstiftung gern verzichtet hätte."

Schulze stammt aus Bismark in der Altmark. Wenn er dort seine Angehörigen besucht, fühlt er sich noch immer in seiner früheren Pfarrgemeinde zu Hause. Nach der Schule lernte Schulze den Beruf des Baufacharbeiters. Im Juni 1977 wechselte der junge Mann jedoch in die Chirurgische Station des Magdeburger Marienstiftes, um dort ein Vorpraktikumsjahr für die Ausbildung zum Caritas-Sozialarbeiter zu absolvieren. Es war ein "bewusster Schritt in den kirchlichen Dienst" erinnert er sich. Dem Praktikumsjahr folgten die Ausbildung zum "Fürsorger im kirchlich-caritativen Dienst" und ein Anerkennungsjahr im Dekanat Worbis.

Seit Herbst 1981 arbeitete Schulze dann als Fürsorger im Dekanat Bernburg, wo er mit einem breiten Spektrum von Aufgaben konfrontiert war. Die Arbeit mit körper- und psychischbehinderten Menschen gehörte ebenso dazu wie die Vermittlung von Kinder-Erholungsplätzen oder die Begleitung von Häftlingen. Auch einzelne Ausreisewillige kamen zu ihm. Dankbar erinnert sich der Sozialarbeiter an die hohe Akzeptanz im Dekanatsklerus. "Ich war voll und ganz in die Konferenzen der Seelsorger eingebunden. Das war nicht zuletzt für die gemeinsame Arbeit eine prima Sache."

1990 wechselte Schulze nach Magdeburg. Seine 1987 übernommene Aufgabe, gleichgeschlechtlich lebende Menschen sowie HIV-Infizierte und Aidser- krankte zu begleiten, forderte ihn zunehmend, so dass daraus eine volle Stelle wurde. Seine Beratungstätigkeit für Homosexuelle wird vom Land gefördert.

Mit der Beratung von Betroffenen des DDR-Unrechts hat der Sozialarbeiter nun einen zusätzlichen Bereich übernommen. In Zusammenarbeit mit der Landesbeauftragten für die Stasi- Unterlagen bietet er Betroffenen psychosoziale Beratung an: Er berät zum Beispiel in Landratsämtern über Möglichkeiten der staatlichen Rehabilitation, hilft, Anträge auf Akteneinsicht auszufüllen, bietet Unterstützung an, traumatische Erlebnisse aufzuarbeiten. Und sein Angebot ist durchaus gefragt, wie er sagt.

Neben der Aidsprävention hat Schulze damit eine weitere Aufgabe, die ihn viel unterwegs und außerhalb des Berufes um so lieber zu Hause sein lässt. Denn das gehört auch zu Hans-Peter Schulze: Als Privatmann besucht er gern Freunde, ist in Selbsthilfegruppen engagiert, liest interessante Bücher oder geht in Popkonzerte. "Das lässt mich dann auch abschalten und Kraft für den Berufsalltag gewinnen", sagt er.

Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 45 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 07.11.2002

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