Auf schwammigem Grund
Neubau der Leipziger Propstei - Sanierung der bestehenden Gebäude wäre ein "Fass ohne Boden"
Manche Kirchenbänke in der Propsteikirche St. Trinitatis stehen mittlerweile einseitig auf mehr als fünf Zentimeter dicken Holzlatten. Im Eingangsbereich zu den Gemeinderäumen hat Joachim Wittig einige Risse mit einer breiten Metallschiene verkleidet, nachdem er sie mehrmals von Neuem zugespachtelt hatte. Dass die Gebäude an der Leipziger Emil-Fuchs-Straße zwischen dem Stadtpark Rosental und dem Elstermühlgraben ständig in Bewegung sind, sticht an allen Ecken und Enden ins Auge.
Die ersten bautechnischen Probleme traten schon in der Bauphase zutage. Bereits damals zeichnete sich auch ab, dass das Baugrundgutachten, das die staatlichen Behörden in Auftrag gegeben hatten, mangelhaft war. Bei der Ermittlung des höchsten Grundwasserstandes war das einfallende Grundwasser vom Rosental in Richtung des Elstermühlgrabens, an dessen Ufer die Propstei gebaut wurde, nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das führte dazu, dass bald Grundwasser in die Keller des Gemeindezentrums eindrang. Bereits 1985 mussten sieben Brunnen gebohrt werden, aus denen aufsteigendes Grundwasser laufend abgepumpt wird.
Das hat zur Folge, dass die ungleichmäßigen Setzungen des Baugrundes bis heute nicht abgeklungen sind und im Bauwerk ständig neue Risse auftreten. Unter den gegebenen Bedingungen ist mit einem Stillstand der Setzungen nicht zu rechnen, sagen Baufachleute einhellig. Die ständigen Setzungen sind auch die Ursache dafür, dass das Flachdach der Kirche und Dachteile der Gemeinderäume zunehmend undichter werden.
Unabhängig davon befinden sich die Fundamente immer wieder für längere Zeiträume innerhalb des schwach aggressiven Grundwassers. Für diese Belastung sind die Betonfundamente langfristig nicht ausgelegt.
Eine Spundwand aus Stahlelementen begrenzt den Bau zum zum Elstermühlgraben hin. Nach heutigen Erkenntnissen sind die Fundamente viel zu nahe an dieser Spundwand, die Wand ihrerseits ist nicht tief genug gegründet. Infolgedessen gibt die Spundwand laufend nach und kann ihre eigentliche Funktion, das Grundstück abzuschließen, nicht zuverlässig erfüllen.
Für Reparaturarbeiten und Sicherungsmaßnahmen hat die Propsteigemeinde in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten eine Menge Geld ausgeben müssen. Von nachhaltiger Wirkung war kaum eine der Maßnahmen. Bereits Ende der 90er Jahre begann man deshalb in der Baukommission, über die Aufgabe des Standorts und einen Neubau nachzudenken. Befragungen in der Gemeinde haben ergeben, dass die Mehrheit die nunmehr getroffene Entscheidung für den Standortwechsel mitträgt. "Vielen fällt es nicht leicht, von hier wegzugehen", sagt ein Gemeindemitglied. Aber über die Jahre sei die Einsicht gewachsen, dass es keinen Sinn mehr hat, weiteres Geld in den Erhalt der jetzigen Propstei zu stecken.