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Serviten gründeten vor 700 Jahren ein Kloster in Bernburg / Gäste aus Österreich und Süddeutschland

Bernburg. 1308, also vor 700 Jahren, gründeten Servitenbrüder in Bernburg an der Saale ein Kloster. Jetzt besuchte eine Gruppe von Pilgern gemeinsam mit dem Serviten Martin Lintner die einstige Niederlassung des Ordens.

Gäste aus Österreich und Süddeutschland haben gemeinsam mit Servitenpater Martin Lintner das einstige Servitenkloster in Bernburg besucht. Das Kloster wurde vor 700 Jahren gegründet. Uwe Hai von der Stadtverwaltung (rechts neben Pater Lintner) und Reiner Krziskewitz führten die Gäste.

Gäste aus Österreich und Süddeutschland an der unteren Saale: Eine Gruppe von 49 Personen um den Serviten Martin Lintner besuchte am 16. September auf einer Bildungs- und Pilgerreise Bernburg in Sachsen-Anhalt. Dass die Reisenden neben Magdeburg, Erfurt und Dresden auch hier Station machten, hatte seinen besonderen Grund: Die Reisegesellschaft ist auf verschiedene Weise den Serviten und Servitinnen verbunden. Marienknechte, wie die Ordensleute auch genannt werden, aber waren es, die vor 700 Jahren in Bernburg ein Kloster gründeten. Daran wurde im Sommer mit einer Festwoche erinnert. Und auch die jetzigen Gäste wollten an dem Jubiläum Anteil nehmen.

Mönchsgemeinschaften wie die Serviten (lateinisch: Diener, Knechte) versuchten im 13. Jahrhundert direkt auf die Not der einfachen Menschen einzugehen und bewusst nach dem Evangelium zu leben, sagt Reiner Krziskewitz, der gemeinsam mit Uwe Hey von der Stadtverwaltung die Gäste mit der Geschichte des Klosters bekannt machte. Neben dem Ideal eines einfachen, armen Lebens fühlten sich die Serviten (Ordo Servorum Mariae) besonders der Verehrung der Gottesmutter verpflichtet. Ihr Anliegen war es, mit ihrem Leben ein gutes Beispiel zu geben und jedermann im Glauben zu unterweisen, weshalb sie Predigtkirchen besaßen, so Krziskewitz. Zudem mühten sie sich um eine gute Ausbildung der Priesterkandidaten und widmeten sich der wissenschaftlichen Arbeit.

Auch in Bernburg wird dies der Fall gewesen sein, wo die Marienknechte um 1308 mit ihrem Wirken begannen. Wann die im Gegensatz zur kleinen Klosteranlage relativ große gotische Kirche genau gebaut wurde, ist nicht bekannt. Erhalten sind heute die Kirchenruine (das Kirchenschiff ist überdacht), in Teilen Kreuzgang, Konvents-, Speise- und Schlafsaal sowie das Haus des Priors. Kreuzgang und die übrigen Gebäude bilden noch heute einen ansehnlichen Innenhof. Laut Krziskewitz besaßen die Serviten in Bernburg zwar Kirche und bescheidene Klostergebäude, dürften laut Urkunden sonst aber recht einfach gelebt haben.

Da die römische Kurie einerseits zwar die Orden schätzte, andererseits aber Konflikte mit ihnen fürchtete, verlangte sie seit dem IV. Laterankonzil (1215), dass sich neue Orden an den altbewährten Regeln Benedikts oder des Augustinus orientierten. Dies taten auch die Serviten. Zudem waren die Bettelorden außer den Franziskanern seit dem II. Konzil von Lyon (1274) gehalten, die totale Armut und das Erbetteln des Lebensunterhaltes aufzugeben. Krziskewitz: "Den Serviten gelang ein Kompromiss zwischen einem - wenn auch nicht fundamentalistischen - Festhalten am Armutsideal und dem von der Kirche anerkannten Klosterbesitz."

Das Kloster Bernburg wird urkundlich erstmals 1308 erwähnt: Am 21. Juli dieses Jahres bestätigt Fürst Albert von Anhalt die Schenkung einer Mühle in Molendorf durch die Brüder Theodor und Hermann von Warmsdorf an die "Brüder der Knechte der heiligen Maria von dem Orden des heiligen Augustinus." Die Mühle dürfte den Ordensleuten eine Weile gewisse Einnahmen an Getreide durch Abgaben erbracht haben. Urkunden bezeugen im Laufe der folgenden Jahrzehnte weitere Landschenkungen, aus denen der Zehnte an der Ernte gefordert werden kann. Dafür müssen die Mönche zum Beispiel für die Feier der Gottesdienste und die Seelsorge in drei Pfarrkirchen im nahe gelegenen Ilberstedt und in Schackenthal im Mansfeldischen sorgen. Dennoch scheinen die Besitzungen und Einnahmen eher gering gewesen zu sein, was mit dem bewusst gelebten Armutsideal zu tun haben könnte. Dies allerdings habe offenbar dem Ansehen der Mönche keinen Abbruch getan, wenn sie, wie überliefert ist, etwa bei Streitigkeiten als Schlichter geschätzt waren, so Krziskewitz.

Die Zahl der Mönche dürfte sich zwischen zehn und 20 bewegt haben. 1486 jedenfalls lebten im Kloster sieben Mönche und sechs Brüder, die keine Priester waren.

Infolge der Reformation wurde das Kloster 1526/27 durch Fürst Wolfgang aufgehoben. Was mit den letzen Serviten wurde, ist nicht überliefert. Klostergebäude wurden bereits in den 1530er Jahren als Quartier für Arme und bedürftige alte Menschen genutzt. Als St.-Johannis-Hospital und in der DDR als Feierabendheim bestand die Einrichtung bis 1974. Auch die 1994 wieder aufgelebte evangelische Hospital-Stiftung trägt den Namen St. Johannis.

Die gotische Klosterkirche wurde vermutlich im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Bemerkenswert an der heutigen Ruine sind etwa die Reste einer Kanzel. Sie soll nach Angaben von Uwe Hey von der Stadtverwaltung nach alten Vorlagen wiederhergestellt werden.

Hey, der wie Krziskewitz katholisch ist, erinnerte im Gespräch mit den Gästen auch daran, dass das Kloster 1974 nach Plänen der SED-Stadtoberen abgerissen werden sollte. Dagegen regte sich Widerstand. Teile der Anlage werden seitdem von Taubenzüchtern genutzt. Heute sind im Kloster Räume der Hochschule Anhalt (FH) untergebracht, die Gäste aus Österreich und Süddeutschland lauschten hier den Ausführungen von Krziskewitz. Studenten betreiben ein Café im Kloster und laden jährlich zum Klosterfest ein.

Das Kloster befindet sich nahe der Breiten Straße in der Bernburger Talstadt.

Von Eckhard Pohl


Ordensgeschichte

1233 beginnen sieben Kaufleute aus Florenz, gemeinsam ihrem Leben eine besondere Ausrichtung zu geben. Sie leben ab 1241 auf dem Monte Senario bei Florenz. Sie nennen sich "Ordo Servorum Mariae" (Orden der Knechte/Diener Mariens)
1299: eigene Ordensprovinz in Deutschland mit vier Klöstern

1304: offizielle Bestätigung des Ordens durch Papst Benedikt XI.

1300 -1400: Starke Verbreitung. Zentren des Ordens sind in Florenz, Siena und Bologna.

1400 -1500: Zum Ausgang des 15. Jahrhunderts leben zirka 300 Serviten in 17 deutschen Klöstern: Halle (1257/95), Germersheim (1276/98), Nordhausen (1277/95), Himmelgarten (1277/95), Halberstadt (1277), Bernburg (1308), Erfurt (1309), Radeburg (1318), Großenhain (1318), Alt-Landsberg (1335), Schornsheim (1339), Mariengarten/ Vacha (1339), Prag (1359), Vacha (1368), Schönthal/Basel (1415), Stromberg (1447), Hanau (1491), Mutzschen (1491)

1500 -1600: Alle deutschen Klöster werden in den Reforma- tionswirren aufgelöst.

1600 -1700: Besonders in Norditalien, aber auch in Frankreich und Spanien entstehen Servitenklöster.

1613 kommen Serviten nach Innsbruck. Von dort aus werden 26 Klöster im Bereich der ehemaligen Donaumonarchie und zwei in Deutschland gegründet: Bonn/Kreuzberg (1635), Rheinbach (1712).

1700 -1800: Der Orden erlebt seine stärkste Verbreitung. Es bestehen drei deutschsprachige Provinzen (Tirol, Österreich/Ungarn und Böhmen/Deutschland). Ende des 18. Jahrhunderts setzen in ganz Europa starke Unterdrückungsmaßnahmen ein. In Österreich fügt die Kirchenreform Josephs II. dem Orden starken Schaden zu.

1800 -1900: Durch die Säkularisation Napoleons verschwindet der Orden ein zweites Mal aus Deutschland. Um 1850 Tiefststand an Mitgliedern. Langsame Erholung in Italien und Österreich. Neue Klöster in England, Frankreich, Belgien, USA.

1900 -2000: Serviten gehen in alle Welt; Missionsgebiete werden übernommen. 1954 wird in Gelsenkirchen-Buer wieder eine deutsche Niederlassung gegründet (derzeit fünf Brüder). Heute leben 900 Serviten in mehr als 30 Ländern in allen Kontinenten.

Zur Serviten-Familie gehören zudem Servitinnen (21 Kongregationen), Klausurnonnen, Säkularinstute, Dritt-Orden und Freunde der Gemeinschaften.

Mehr Infos:Die hier verlinkte Webseite ist leider nicht mehr online (Stand: 07/2017)

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