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Wenn es in der Kirche ein wenig muffig riecht

oder: Lasset die Kinder zu mir kommen

Das riecht ja muffig wie in der Kirche: Guido Erbrich aus Bautzen hat ein paar Anregungen, wie in die Kirche frische Luft einziehen kann.

62 Sänger gastierten mit Siegfried Fietz in Großschönau und Görlitz.

Der alte Koffer hatte lange auf dem Dachboden gestanden. Er war voller bunter Kinderkostüme, und mittlerweile ein wenig eingestaubt. Kaum hatten wir ihn geöffnet, tönte meine dreijährige Tochter lauthals: "Das riecht ja wie Kirche." Ich zog den Duft durch die Nase: Es roch muffig. Neben meiner Freude, jetzt ein Thema für den "Anstoß" zu haben, bewunderte ich mein Töchterchen: Sie hat nämlich eines der Hauptprobleme von Kirche erfasst: Muffigkeit. Und Muff entsteht da, wo lange keine frische Luft herankommt.

Ein Beispiel für "Frischluftmangel in der Kirche", den auch Kinder verspüren können, ist das fromm gemeinte Desinteresse, das ihnen in manchen Gottesdiensten entgegengebracht wird. Vor kurzem besuchten wir die Sonntagsmesse in einer kleinen Diasporagemeinde. Im Gottesdienst waren sehr viele Familien, beinahe die Hälfte der Gottesdienstbesucher waren Kinder. Trotzdem wurde der Gottesdienst so gehalten, dass die Kinder an keiner einzigen Stelle des Gottesdienstes mit einbezogen wurden. Selbst das Ministrieren wurde einem erwachsenen Lektor überlassen. Worte, Lieder, Haltungen - alles für Erwachsene. Dass spätestens ab der Predigt die meisten Eltern vorwiegend damit beschäftigt waren, die Kinder ruhig zu halten, war absehbar und der Andacht auch nicht sonderlich förderlich. Ganz klare Sache: Dem Gottesdienst fehlte die frische Luft. Wenn wir Eucharistie feiern, sollten auch alle mitfeiern können, egal ob sie vier, 45 oder 90 Jahre alt sind.

Nun muss beileibe nicht jede Sonntagsmesse ein Kinder- oder ein Familiengottesdienst sein. Aber dass das altersübergreifende "gemeinsam feiern" geht, zeigen Woche für Woche die beiden Pfarrer Siegfried Foelz und Michael Ulrich im Bischof-Benno-Haus. Es sind Kleinigkeiten, mit denen sie Muffigkeit in der Kirche erst gar nicht aufkommen lassen. Zum Beispiel ein kurzes Wort an Groß und Klein bei der Begrüßung, der Hinweis, dass die Predigt für die Erwachsenen ist, aber Kinder auch gern zuhören dürfen, die Bitte, dass die Kinder die Gaben gemeinsam mit den Ministranten zum Altar bringen. Gern laden die beiden Oratorianer (zwei Herren im Ruhestand!) die Kinder zum Vaterunser um den Altar ein und bitten sie, anschließend den Frieden des auferstandenen Herrn in die Gemeinde zu tragen. All das sind mehr als nur kindgemäße Stilmittel. Hier zeigt sich: Die Gemeinde feiert wirklich gemeinsam. Die Kinder spüren, hier bin ich genauso willkommen wie die Großen. Und am Lächeln der Großen ist zu sehen, dass die "Erwachsenen" dieses Willkommensein für sich selbst auch spüren.

In der Meininger katholischen Gemeinde habe ich vor Jahren einen schönen Brauch erlebt. Nach dem Schlusslied holten sich die Kinder die Altarglöckchen und brachten sie fröhlich bimmelnd in die Sakristei. Nur wer die frohen Kindergesichter nicht gesehen hat, konnte so etwas für albern halten. Das sind die Kleinigkeiten, die zum Heiligen dazugehören!

Es gibt genügend Möglichkeiten frische Luft hereinzulassen, damit Kirche nicht muffig riecht und die "Einladung zum Fest des Glaubens" von Kleinen und Großen wörtlich genommen werden kann. Mein Wunsch: Vielleicht heißt es irgendwann einmal "Oh, das riecht ja wie Kirche", wenn Mama mit dem Korb voller gewaschener und frisch duftender Wäsche ins Zimmer kommt.

Guido Erbrich
Bischof-Benno-Haus, Bautzen

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