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Wege und Ziele der Ökumene

Pastoralkonferenz tagte in Jauernick / Ökumene ist keine "Zusatzaufgabe"

Görlitz. Das Wenzeslausstift in Jauernick war vom 20. bis 22. Oktober wieder Gastgeber für die jährliche Pastoralkonferenz der Diözese.

Ökumene in der ersten Reihe auf der Pastoralkonferenz: Bischof Konrad Zdarsa, Propst Gert Kelter und Regionalbischof Hans-Wilhelm Pietz (von links nach rechts)

Der Seelsorgeamtsleiter des Bistums Görlitz, Dr. Alfred Hoffmann, gab in seiner Einleitung über die evangelische Kirche in ihrer Vielfalt die Richtung vor, indem er einen Appell des Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Walter Kardinal Kasper, zitierte und appelierte: "Ökumene ist keine Option, sie ist eine heilige Pflicht."

In Gruppenarbeit zum Thema "Wo stehen wir heute in der Ökumene?" wurde, anhand von Texten von Kardinal Lehmann, Kardinal Kasper und Bischof Kurt Koch eine Standortbestimmung durchgeführt. Hauptreferent Dr. Johannes Oeldemann vom Johann- Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn verwies - im Bild von Bergsteigern, die einen Berg erklimmen -darauf, dass wir auf dem Weg zum Gipfel, zur Einheit der Christen, schon einige Anstiege geschafft haben und nicht mehr in niedriger gelegene Basislager zurück wollen.

Um die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre und das gegenseitige Taufanerkenntnis ging es unter anderem in dem Vortrag: "Wiederentdeckte Einheit - Ergebnisse des ökumenischen Dialogs und ihre Rezeption". Dr. Oeldemann gelang es, Themen wie "Ökumene der Profile oder profilierte Ökumene?", "Wachsende Einheit: Kirchengemeinschaft oder sichtbare Communio ?" oder "Gelebte Ökumene: Chancen und Herausforderungen der ökumenischen Zusammenarbeit im kirchlichen Alltag", überaus praxisnah darzustellen. Im Anschluss an die Vorträge schlossen sich Diskussionen an. Als reger und hochkompetenter Diskutant und von Anfang an bei der Tagung dabei zeigte sich Propst Gert Kelter von der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK). Neben den vielen, inzwischen schon zur Normalität gewordenen Gemeinsamkeiten der Kirchen, wie dem gemeinsamen Vaterunser, Glaubensbekenntnis oder Liedern von Paul Gerhardt, gibt es auch weiterhin Trennendes. Dies gilt gleichermaßen für das Abendmahls- wie für das Amtsverständnis: "Man kann über Form des Petrusamtes reden, nicht über die Notwendigkeit", stellt Dr. Oeldemann die katholische Sichtweise klar. Er verweist andererseits aber auch auf das allgemeine Priestertum: "Jeder Gläubige ist aufgerufen, das Evangelium zu predigen. Dabei ist Ökumene nicht als Zusatzaufgabe zu betrachten, sondern, wie es Papst Johannes Paul II. sagte: Ökumenismus ist nicht nur Anhängsel, sondern er gehört organisch zum Leben und Wirken der Kirche."

Warum nutzen wir nicht die Möglichkeiten?


In der Ökumene gelte, so zitierte Oeldemann den langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann: "Nicht das gemeinsame Tun bedarf der Begründung, das getrennte Handeln bedarf der Begründung. Warum nutzen wir nicht die Möglichkeiten, die es jetzt schon gibt, weit mehr als bisher?" Neben den festen Terminen, die es teilweise schon seit Jahrzehnten gibt, wie dem seit 1958 in Deutschland am Freitag vor Palmsonntag stattfindenden ökumenischen Jugendkreuzweg, dem Weltgebetstag der Frauen am ersten Freitag im März oder der Allianzwoche für die Einheit der Christen, die bereits auf die Päpste Leo XIII. (1847-1903) und Benedikt XV.(1914-1924) zurückgehen, sollten weitere Möglichkeiten vor Ort für gemeinsame Veranstaltungen, vor allem "für das gemeinsame Gebet als Seele der Ökumene" gefunden werden, so Dr. Oeldemann.

Die Ökumene ist wie ein Flugzeug auf Flughöhe


Der Ungeduld und Unzufriedenheit über den Stand der Ökumene hielt er das Beispiel von einem Flugzeug entgegen, "das in den siebziger und achtziger Jahren ungeahnte Höhen erreicht hat und nun auf Flughöhe ist. Die Insassen aber, die verlieren mit der Zeit jegliches Gefühl für die ungeheuer hohe Geschwindigkeit". Zur heutigen Fluggeschwindigkeit gehört auch, so ein Programmpunkt bei der Pastoralkonferenz, dass "Ökumenevertreter vor Ort" sind. Dr. Hans-Wilhelm Pietz, Regionalbischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), der es bedauerte, nicht von Anfang an dabei gewesen sein zu können, stellte die Kirche mit dem kompliziert langen Namen vor und die unterschiedlichen Schwierigkeiten, die es bei der Zusammenlegung von Gemeinden gibt oder mit dem Hauptproblem aus Berlin, Religions- versus Ethikunterricht. Propst Gert Kelter stellte die "Altlutheraner" als innerkatholische Kirche dar, in der Kruzifixe ebenso selbstverständlich sind, wie Maria, Einsatz von Weihrauch und Weihwasser, sogar die kniend empfangene Mundkommunion.

Den Vespergottesdienst zelebrierte Bischof Zdarsa gemeinsam mit Regionalbischof Pietz und Propst Kelter in der Jauernicker Pfarrkirche.

Der Mittwochvormittag war den Anliegen des Bischofs und des Seelsorgeamtes vorbehalten. Daran schloss sich das Pontifikalamt an. So endete die Pastoralkonferenz, wie sie begann, mit dem Gebet, auch für die Ökumene, "ut unum sint", dem Aufruf zur Einheit der Christen folgend, den das II. Vatikanische Konzil mit so großer Eindringlichkeit vorgebracht hat, "damit sie eins seien".

Von Raphael Schmidt

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