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Bischof Joachim Wanke warnt vor Verklärung der DDR und benennt Aufgabenfelder der Seelsorge

Bischof Joachim Wanke warnt vor Verklärung der DDR und benennt Aufgabenfelder der Seelsorge

Erfurt ( jak). Am 29. Oktober fand der diesjährige Jahrespresseempfang des Bistums Erfurt statt. Bischof Joachim Wanke dankte dabei den Journalisten für ihre Arbeit und sprach über anstehende aktuelle Fragen.
Kommt der Papst nach Deutschland? Diese Frage bewegt die Gemüter immer wieder. So beim Presseempfang des Bistums Erfurt im Erfurter Priesterseminar. Bislang jedoch, so Bischof Joachim Wanke vor den anwesenden Journalisten, gebe es aus dem Vatikan kein verbindliches Signal, ob Papst Benedikt im nächsten Jahr nach Deutschland kommt und dabei vielleicht auch Thüringen einen Besuch abstattet. Weiter sagte der Bischof: "Nach wie vor gilt aber: Wir würden Benedikt XVI. gerne bei uns im Bistum Erfurt begrüßen dürfen."


Einen realistischen Blick auf die DDR gefordert

Ein weiterer Punkt der Ansprache war der 20. Jahrestag des Mauerfalls im kommenden Jahr. "Eigentlich könnte ein Satz genügen, um auszudrücken, was sich mit diesem Tag und seinen Folgen verbindet: Die Freude über das Geschenk der Einheit hält an", betonte Joachim Wanke. Zugleich warnte der Erfurter Bischof davor, ein verklärtes Bild der untergegangenen DDR zu malen. Nur allzu leicht könne so übersehen werden, dass die DDR eine Diktatur war. Bischof Wanke sagte: "Allein schon der Respekt vor den Opfern sollte nostalgische Schwärmereien verbieten. Viele Menschen und ihre Angehörigen und Freunde leiden heute noch an dem, was ihnen im Namen der Deutschen Demokratischen Republik und ihrer sozialistischen Ideologie angetan worden ist."

Zugleich betonte der Bischof, dass er die schwierige soziale und wirtschaftliche Situation in den neuen Bundesländern nicht kleinreden wolle, vor allem nicht mit dem Blick auf Einzelschicksale. Er sagte: "Aber man mache sich auch nichts vor: Was uns heute an Problemen auf den Nägeln brennt, ist nicht selten Folge des alten Systems und seines Regierens und Wirtschaftens. Zudem war die DDR 1989 buchstäblich bankrott - und das nicht nur wirtschaftlich. Was daraus entstanden wäre, hätte es die friedliche Revolution nicht gegeben, möchte ich mir lieber nicht vorstellen."

Wanke betonte weiter, dass sich die selbst täuschen, die die DDR in prächtigen Farben malen. "Dieser Staat ist nicht untergegangen - wie es zuweilen heißt -, weil er seiner Zukunftschancen beraubt wurde. Das ist falsch. Dieser Staat ist untergegangen, weil er überhaupt nicht zukunftsfähig war", sagte der Erfurter Bischof.

Ein weiterer Punkt der Ansprache war die Situation der katholischen Kirche im Hier und Jetzt. Zwar habe die Ereignisse des Jahres 1989 auch den Kirchen neue Freiheiten und Horizonte eröffnet, ein kirchliches Leben ohne Repressionen wurde möglich, aber die Entwicklung der zurückliegenden beiden Jahrzehnte stellen die Kirche vor neue Herausforderungen. Für das Bistum Erfurt werde es kein "Weiter so wie immer" geben, betonte Wanke. Wörtlich sagte er: "Es ist absehbar, dass die herkömmliche Gemeindeseelsorge an Intensität verlieren wird. Die Fakten sind eindeutig: In den kommenden Jahren wird es weniger Priester geben, weniger Katholiken, größere pastorale ,Räume‘, eine noch stärkere Mobilität der Menschen und zudem ein geistig-gesellschaftliches Klima, das sich in Richtung Pluralismus und Bindungsschwäche verändert." Daraus, so der Bischof, würden sich fünf Aufgabenfelder für die Kirche ergeben. Erstens müsse die ehrenamtliche Seelsorge gestärkt werden. "Die Kirche in Deutschland wird eine Kirche der Ehrenamtlichkeit sein, oder sie wird nicht mehr sein", sagte Wanke. Bei aller Unersetzbarkeit des Weiheamtes, würde vor Ort eine Ehrenamtlichkeit gebraucht, die sich selbst zur Seelsorge am Menschen berufen weiß. Glaube, Hoffnung und Liebe würden sich nicht nur dort realisieren, wo geweihte Amtsträger wirken. Zudem sei es eine Herausforderung für alle Glieder der Kirche, in Glaubensdingen "auskunftswillig und auskunftsfähig" zu sein.

In Punkt zwei regte Bischof Wanke mögliche Vernetzungen an. Er sagte: "Über viele Generationen hinweg waren es die Pfarreien, die Gläubige zusammengeführt und die Verbundenheit im gemeinsamen Glauben gefördert haben. Aber kann und muss das alles sein? Werden die Katholiken weniger, vergrößert sich auch die räumliche Entfernung zueinander. Es werden sich darum, unabhängig von pfarrlichen Territorien, Gruppen bilden müssen, wo die christliche Gemeinschaft gelebt wird, die zuvor fast nur in den Gemeinden erfahrbar war." Zudem könne damit auch die Chance verbunden sein, in kleineren Gruppen mit Nichtchristen in Kontakt zu treten, denen es vielleicht leichter fällt, sich in solche Gemeinschaften zu integrieren, weil sie übersichtlicher sind als die großen Gemeinden.


Leuchttürme des Glaubens setzen

Drittens forderte der Bischof dazu auf, Leuchttürme zu errichten. Diese könnten Häuser, Orte, Ereignisse (wie Bistumswallfahrten) und Gemeinschaften sein. Als besonderes Kennzeichen müsse dabei die geistliche Strahlkraft gelten, die es ermöglicht, den christlichen Weg zu erhellen.

Weitere Anregungen des Bischofs waren unter viertens die Verknotung der Pastoral in den kirchlichen Häusern und unter Punkt fünf das Heben des geistlichen Grundwasserspiegels. Das Christliche werde sich in Zukunft stärker qualitativ präsentieren und weniger quantitativ, betonte der Bischof. Daher sei eine Spiritualität nötig, "die dem Christen Stehvermögen verleiht und ihm hilft, sich dem anderen gegenüber zu öffnen." Bischof Wanke: "Und nur eine Kirche, die im Gottesgeheimnis fest verwurzelt ist, bleibt für die Menschen interessant. Das dies so ist, darauf gründet meine Hoffnung."

Der vollständige Text findet sich unter www.bistum-erfurt.de

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