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Wer missioniert hier wen?

Der ehemalige Riesaer Pfarrer Friedrich Winter ist nach 22 Monaten aus Uganda zurückgekehrt

Dresden. Was ist Glück? Wer ist arm? Welche Rolle spielt die Zeit und welche die Sprache? Wer ist Missionar und wer wird missioniert? Fragen, die sich für Pfarrer Friedrich Winter nach knapp zwei Jahren Afrika nicht mehr so einfach beantworten lassen.

Eine der Aktionen, an denen Pfarrer Winter beteiligt war: Afrikanerinnen konnten zu erschwinglichen Preisen Nähmaschinen erwerben, an Nähkursen teilnehmen und dadurch den eigenen Unterhalt sichern.

In Adjumani, einer Station des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Uganda, hat Pfarrer Winter gelebt. Er war dort mit einheimischen Katholiken im Umkreis von rund 50 Kilometern in Kontakt und mit Flüchtlingen, die vor rund 20 Jahren aus dem Südsudan kamen und die nun nach und nach wieder dorthin zurückkehren. Unter anderem ging es in seiner Arbeit darum, Rückkehrwillige zum Aufbau einer eigenen Existenz zu befähigen.

Friedrich Winter war mit dem Wunsch nach Afrika gefahren, sein Leben dort mit den Armen zu teilen. Dass dies für einen Weißen in Uganda nur begrenzt möglich ist, war ihm von Anfang an klar und ist ihm während der 22 Monate immer wieder vor Augen geführt worden: "Ich kann buchstäblich nicht aus meiner Haut heraus", sagt er über seinen Status, der ihm, ohne dass dies seine Absicht war, immer wieder Privilegien verschafft hat. Für seine Gemeindemitglieder in Uganda konnte alles über Nacht zur existenziellen Bedrohung werden: Krankheiten, ein Unwetter, das die Ernte vernichtet, eine Tierseuche, die die Hühner dahinrafft, das Schulgeld für die Kinder - für ihn selbst war und ist das anders.

Angesichts dieser Situation verbot es sich für den Seelsorger, im Kontakt mit den Afrikanern "einfach fromme Sprüche abzulassen". Die wären ihm im Übrigen allein schon wegen der mangelnden Sprachkenntnisse schwer über die Lippen gekommen. Den Menschen nahe sein, sich Zeit für sie nehmen, geduldig mit ihnen sein - all dies wurde wichtiger als er es in Deutschland je erfahren hatte. Den Kranken, die er besucht hat, sei es wichtig gewesen, dass sie nicht vergessen sind und dass jemand zu ihnen kommt. Sie haben ihm viel erzählt. Dass er nur einen Bruchteil davon verstand, schien ihnen nichts auszumachen. Die Texte zur Krankensalbung und auch Teile der Eucharistiefeier hat er nach einiger Zeit in ihrer Hauptsprache Madi gelesen und damit große Freude ausgelöst. Offenheit, herzliches Interesse an seiner Person und die Bitte "Kommen Sie wieder!" begegneten ihm überall. Die lachenden Gesichter, Gesang, Tanz und das spürbare und immer wieder ausgedrückte Gottvertrauen der Menschen in Uganda ließen ihn das Elend, das zu den Gesichtern gehörte, oftmals beinahe vergessen. Tief beeindruckt haben ihn die lebendigen Gottesdienste, die zumeist in schlichten grasgedeckten Lehmkapellen der Siedlungen gefeiert wurden und die immer in tiefer Feierlichkeit endeten.

"Gott hat euer Land gesegnet", bekam er hin und wieder zu hören. Als er einmal nachfragte, erklärte man ihm: "Ihr habt Geld, Gesundheit, Autos ..." Pfarrer Winter pflichtete bei und entgegnete: "Aber er hat auch euer Land gesegnet." Er erinnerte die Menschen an die Schönheit der Natur, daran, dass sie so gut miteinander lachen können, an vieles, was im sozialen Bereich gut funktioniert, an die reiche Tierwelt und den ausgiebigen Sonnenschein. Und er überraschte manche mit der Auskunft, dass Europäer nicht grundsätzlich glücklicher sind als Afrikaner.

Den Begriff "Mission" findet er unpassend für das, was er in Afrika gelebt hat. "Wir haben den Glauben miteinander geteilt", sagt er lieber. Afrika hat Pfarrer Winter geprägt und wohl auch innerlich gestärkt für eine neue Erfahrung, die er gegenwärtig durchlebt: Unmittelbar nach seine Rückkehr aus Uganda wurde vor einigen Wochen eine Leukämie-Erkrankung diagnostiziert.

Von Dorothee Wanzek

Mehr über Pfarrer Winters Zeit in Afrika findet sich auf einem Link der Riesaer Gemeindehomepage: www.kath-kirche-riesa.de

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