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Da waren wir alle wie Träumende ...

Über die Kraft biblischer Worte im Herbst 1989 und heute

Gemeindereferentin Angela Degenhardt (Sangerhausen) findet es hilfreich, sich in ausweglos erscheinenden Situationen heute an die Kraft biblischer Worte im Herbst 1989 zu erinnern.

Angela Degenhardt "Sind wir wach oder träumen wir das alles nur?" Mit diesen Worten begann Christoph Kähler am 13. November 1989 seine Predigt in der Leipziger Nikolaikirche. Er verdeutlichte das Erstaunliche mit der Geschichte Josuas, der mit seinen Leuten sieben Wochen um die Mauern Jerichos zog, bis diese einstürzten (Josua 6,1-20) - sieben Wochen waren die Leipziger auf dem Ring um die Innenstadt gezogen, bis die Mauern zwischen den beiden deutschen Staaten fiel.

Da waren wir alle wie Träumende (Psalm 126) - so empfinde ich es bis heute. Wie ein Traum war es, dass so viele Menschen, die damit nie zuvor zu tun hatten, sich von der biblischen Botschaft leiten ließen. Sicher, das war nicht ihr erster Gedanke, wenn sie zu den Friedensgebeten strömten. Aber sie spürten die Kraft in diesen Worten, die zweifellos dazu beigetragen hat, dass es in Leipzig oder Berlin, in Magdeburg oder Halle oder Dresden keinen "himmlischen Frieden" gab, wie wenige Wochen zuvor in Peking, als Demonstrationen für Demokratie in einem Blutbad mit 5000 Toten endeten. Die "Stimme des Friedens", die durch die Heilige Schrift hindurch klingt, wurde gehört und verstanden: "Selig die gewaltlos sind. Erben werden sie das Land." (Matthäus 5,5) Wir haben es erlebt, was nur Verheißung schien, wurde Wirklichkeit.

Ich finde es wichtig, sich heute immer wieder an diese unglaubliche Zeit zu erinnern, gerade wegen der vielen Dinge, die so anders sind als erträumt, und um den Mut zu behalten, angesichts der Aussichtslosigkeiten, die heute die Nachrichten beherrschen. Wenn ich mich erinnere, was ich damals erlebt habe, wenn ich dabei gerade auch den Schriftworten nachlausche, die einen ganz neuen, ungeahnten Klang für mich gewonnen haben - dann spüre ich von Neuem die Kraft, die damals so viele bewegt hat. Kraft, die geholfen hat, die Angst zu überwinden, auf der Wahrheit zu beharren, Frieden zu bewahren und auch das Ungeahnte, Unmögliche zu erhoffen. Und ich bin überzeugt, dass es vielen so geht, wenn sie sich an diesen Herbst erinnern. In der Erinnerung wird etwas von der damaligen Kraft und Entschlossenheit, den Weg aus der Krise zu finden, erneut gegenwärtig. Und vielleicht geschieht es hier und da wieder, dass wir wie Träumende sein werden und als Menschen miteinander Wege suchen - Wege wagen, Schritte finden - Schritte gehen, Hoffnung schöpfen - Hoffnung schenken im neuen Land (nach Th. Laubach / Ps 126).

Angela Degenhardt,
Gemeindereferentin in Sangerhausen

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