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Leidenschaft für Heilige

Sachsens bedeutendste gotische Skulpturen - Dauerausstellung auf dem Chemnitzer Schloßberg

Chemnitz. Die bedeutendste Sammlung gotischer Skulpturen Sachsens ist seit Ende Juni dauerhaft im Chemnitzer Schloßbergmuseum zu sehen. In den Räumen eines ehemaligen Benediktinerklosters haben wertvolle mittelalterliche Sakralkunstgegenstände einen würdigen Platz gefunden.

Die Schmerzensmutter (1501 bis 1503) wird dem

Die Zeit der Kerzen und Gebete in den Seitenschiffen sächsischer Dorf- oder Stadtkirchen währte nicht lange für manche der handgeschnitzten Madonnenstatuen, die seit einigen Tagen in Chemnitz ausgestellt sind. In der wirtschaftlichen Blütezeit kurz vor der Reformation geschaffen, wurden die Madonnen, Kruzifixe und Heiligenfiguren schon bald auf den Kirchenboden verbannt. Kunsthistoriker werden noch viel zu tun haben, das wechselvolle Schicksal all dieser Schätze ans Tageslicht zu heben.

Die Spuren von Kriegen und vom Zahn der Zeit


Erst im 19. Jahrhundert entsannen sich bürgerliche Kunstvereine der eingestaubten Skulpturen, richteten einiges wieder her und stellten es in Museen aus. Im Zweiten Weltkrieg wurde vieles gerade erst Restaurierte komplett vernichtet. Die Chemnitzer Figuren zählen zu den glücklich Geretteten, doch Brände und unsachgemäße Auslagerung haben unauslöschliche Spuren hinterlassen. Ein erheblicher Teil der sächsischen Skulpturen war in den letzten Jahren in der Albrechtsburg in Meißen ausgestellt - unter erschreckend unsachgemäßen Bedingungen, wie Ingrid Mössinger meint, die Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz.

Ihr Engagement war ausschlaggebend dafür, dass diese Ausstellungsstücke nun gemeinsam mit anderen, die zum Teil bereits zuvor in Chemnitz oder Dresden gezeigt wurden, zum Teil aber auch erst ausstellungsfähig gemacht werden mussten, im Schloßbergmuseum zu sehen sind.

Schönheit und religiöse Bedeutung vermitteln

Die Schmerzensmutter (1501 bis 1503) wird dem

Der Torso eines Kruzifixes mit ehemals schwenkbaren Armen entstand um 1500 im Umkreis des

Stadt und Land haben einiges investiert, damit die mehr als 65 Werke - überwiegend farblich gefasste Holzbildwerke - nun in angemessenerem und der Konservierung zuträglicherem Rahmen präsentiert werden können. Unter den Ausstellungsstücken sind unter anderem das berühmte Heilige Grab aus der Chemnitzer Jacobikirche und verschiedene Skulpturen von Peter Breuer und einem nur unter seinen Initialen "H. W." bekannten Meister.

Einbezogen in die Ausstellung sind Teile des ehemaligen reichsunmittelbaren Bergklosters und auch die daran anschließende, noch als evangelisches Gotteshaus genutzte Schloßkirche, die unter anderem eine monumentale spätgotische Geißelsäule beherbergt. Das klösterlich-kirchliche Ambiente eignet sich gut, den Besuchern neben der Schönheit auch die religiöse Bedeutung der Werke und ihre Funktion im Gottesdienst zu vermitteln. Dr. Silke Tofahrn, die auch die Konzeption zur Austellung erstellte, hat einen 96 Seiten umfassenden Führer verfasst, in dem dies gut gelungen ist: äußerst kenntnisreich und dennoch auch für Menschen ohne theologisches und kirchenhistorisches Vorwissen lesbar.

Deutlich wird bei der Lektüre des bebilderten Museumsführers auch, wie sehr die sächsische Kunstszene in Zeiten der Gotik international vernetzt war. Peter Breuer beispielsweise war nicht nur durch Tilman Riemenschneider beeinflusst, der seine Werkstatt in Würzburg hatte, sondern stand mit namhaften Künstlern in ganz Europa im Austausch.

Passionierte Restauratoren und Kunsthistoriker


Als Silke Tofahrn kurz vor der offiziellen Eröffnung gemeinsam mit der Restauratorin Ursula Kral Journalisten durch die Ausstellung führte, war zu spüren, mit welcher Hingabe sich beide in den zurückliegenden Monaten den Skulpturen sächsischer Gotik gewidmet haben. Mit anrührender Behutsamkeit haben die Restauratoren für jedes einzelne Objekt nach dem angemessenen Weg der Behandlung gesucht.

Der Respekt für die Arbeit des Künstlers, für die Spuren der Geschichte, die sich auf den Kunstwerken niedergeschlagen haben, aber auch für die restauratorische Arbeit der langen Reihe ihrer Vorgänger brachte sie dazu, jeweils intensiv abzuwägen: Sollen zum Beispiel im 19. Jahrhundert aufgetragene Farb- und Konservierungswachsschichten wieder entfernt werden? Bleibt Fragmentarisches als solches kenntlich oder werden zerstörte Partien rekonstruiert?

Silke Tofahrn hat darum gerungen, jede Skulptur ins rechte Licht zu rücken. Ihr Anliegen ist es, dass der Betrachter den Werken und ihrer Entstehungs- und Wiederentdeckungsgeschichte möglichst nahe kommen kann. Wenngleich Skulpturen aus ihren ursprünglichen Zusammenhängen gerissen sind, sollen diese Ursprünge nicht einfach ignoriert werden. Was mögen die Menschen gedacht oder empfunden haben, die vor mehr als 500 Jahren vor diesen Christus- und Heiligenfiguren standen oder knieten? Sich Fragen dieser Art heute in Anbetracht der gotischen Bildwerke zu stellen, ist nicht einfach als Ausdruck von Sentimentalität abzutun. Auch Wissenschaftler, die sich um eine fundierte Auseinandersetzung und Aufarbeitung bemühen, fragen so.

Öffnungszeiten täglich außer montags 11 bis 18 Uhr
Homepage: www.schlossbergmuseum.de

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