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Einander bestärken

Ältester Familienkreis in Dresden-Strehlen besteht seit 50 Jahren

Dresden. Mit einem Ausflug in die Caritas-Familienferienstätte St. Ursula in Naundorf feierten die Mitglieder des ältesten Familienkreises der Dresdner St.-Petrus-Gemeinde am 24./25. Juni ihr 50-jähriges Bestehen.

Für ein Erinnerungsfoto gruppierte sich der

"Womöglich sind wir sogar der älteste Familienkreis in der Diözese", mutmaßt Konrad Wagner, der zu den Gründungsmitgliedern gehört. Die Initiative zur Gründung des langlebigen Familienkreises war Anfang 1959 vom damaligen Pfarrer der Pfarrei Dresden-Strehlen ausgegangen, dem Jesuitenpater Gerhard Bernardt. Jedem potenziellen Mitglied hatte er einen persönlichen Brief geschickt.

Sechs Ehepaare trafen sich einmal im Monat zunächst im Pfarrhaus, um nach einem geistlichen Einstieg über Fragen der Kindererziehung zu sprechen, aber auch über gesellschaftliche Probleme im damals sozialistischen Teil Deutschlands und ihre Auswirkungen auf die Familien. Nach einiger Zeit wurden die heimischen Wohnstuben reihum zum monatlichen Treffpunkt, und um die religiöse Bildung kümmerte sich fortan der jeweilige Gastgeber. In der Regel widmete man sich dem Evangelium oder einem der Lesungstexte des folgenden Sonntags, bevor man bei Tee und Gebäck zum gemütlichen Teil überging.

"Der Familienkreis war für uns ein Ventil. Wir haben uns gegenseitig darin bestärkt, politisch eine klare Haltung zu bewahren", erzählt Anneliese Augsburg. Das bedeutete etwa, dass niemand aus dem Kreis der SED beitrat und die Kinder nicht an der Jugendweihe teilnahmen, oftmals als einzige in ihrer Schulklasse. Konrad Wagner hat sich nicht zuletzt auch für seine Kinder gefreut, dass sie in Gemeinschaft aufwachsen und hier erleben durften, mit ihren konträren Auffassungen nicht allein zu sein.

Pater Bernardt hat darauf geachtet, dass die Gruppe auch menschlich miteinander harmoniert, erinnert sich Anneliese Augsburg. Offenbar hatte er dabei einen guten Blick. Über die monatlichen Treffen hinaus haben die durchweg kinderreichen Familien gemeinsam Kindergeburtstage oder Fasching gefeiert. Sie sind miteinander in Urlaub gefahren und haben für die Kinder der anderen das Taufpatenamt übernommen. Selbst Paare wie Augsburgs, die bereits vor Jahrzehnten aus Dresden- Strehlen weggezogen sind, sind dem Familienkreis bis heute freundschaftlich verbunden. Gute Beziehungen leben auch in der folgenden Generation fort, und in manchem Strehlener Familienkreis gibt es heute mehr als einen Abkömmling des 50-jährigen Familienkreises.

Zwei Gründungsmitglieder dieses Kreises sind mittlerweile gestorben. Die anderen freuen sich weiter an den regelmäßigen Zusammenkünften. An Stelle der biblischen Texte stehen heute in der Regel Themen, die in Weltkirche, Gemeinde und Gesellschaft gerade aktuell sind: Die Piusbruderschaft, der Islam oder das 300-jährige Bestehen der Kapellknaben waren in jüngerer Zeit auf der Tagesordnung. Irene Kube, die mit ihrem Mann Konrad erst vor 40 Jahren zum Familienkreis dazugestoßen ist, freut sich, dass selbst das Altern kein Tabuthema ist für die Paare, die allesamt auf die diamantene Hochzeit zusteuern. "Werden wir mal im Altenheim landen?", war eine der Frage, über die man sich beispielsweise kürzlich austauschte.

In der Dresdner St-Petrus-Gemeinde kann sich der Kreis naturgemäß nicht mehr so tatkräftig einbringen wie zu Zeiten des Kirchbaus Anfang der 60er Jahre, als die Männer mit Hand anlegten. Mit wacher Aufmerksamkeit begleiten die Mitglieder des ältesten Familienkreises jedoch nach wie vor alles, was in der Gemeinde geschieht, und wenn sie - insbesondere bei der Gottesdienstgestaltung - etwas kritisch sehen, melden sie sich gern auch immer wieder zu Wort.

Von Dorothee Wanzek