Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Muskelkraft und Gottvertrauen

Gerhard Robel ist mit dem Fahrrad vom Kloster St. Marienstern nach Jerusalem gefahren

Görlitz. Selten war der Gemeinderaum bei einem Abend des Familienkreises in der Görlitzer St.-Hedwigs-Kirche so gefüllt wie diesmal: Gerhard Robel aus Ralbitz-Rosenthal berichtete über seine Fahrt mit dem Fahrrad nach Jerusalem: "Auf der Suche nach den Wurzeln unseres Glaubens".

Gerhard Robel (links) im Gespräch mit Christian Wiesner von der Görlitzer St.- Hedwig-Gemeinde. Als Sportler (Radfahrer und Marathonläufer) faszinierte Wiesner die sportliche Leistung Robels

Am Morgen des 1. Mai 2007, nach dem Besuch der heiligen Messe in der Klosterkirche in Panschwitz- Kuckau, versehen mit dem Reisesegen, schwang sich Gerhard Robel auf sein Fahrrad und fuhr Richtung Tschechien: die Slowakai, Ungarn, am 6. Mai Blick über den Balaton. Die Donau begleitete ihn über mehrere Länder. Bild für Bild schickte der Beamer an die Leinwand, Musik untermalte den Reisebericht, den Gerhard Robel in der Görlitzer St.-Hedwigs-Kirche gibt.

Etwa 145 Kilometer legte der Fahrrad-Pilger Tag für Tag zurück. Bis zu 1700 Meter Höhenunterschiede standen täglich auf dem Programm. Am 7. Mai erreichte er Serbien. Die Zeit wurde ihm nicht lang dabei, er betete einen Rosenkranz nach dem anderen - "für die Anliegen, die mir die Leute mitgegeben haben, aber auch für die mir Bekannten". Im vorwiegend muslimischen Kosovo, in Mazedonien "überall begegnete ich hilfsbereiten und zuvorkommenden Menschen".

Am Morgen des 13. Mai erreichte er die Grenze zu Griechenland. Unzählige Gebetsstöcke mit Ikonen säumten die Route. "Als ich ein Ehepaar nach Wasser fragte, wurde ich spontan von ihnen zum Frühstück eingeladen." Am Fest Christi Himmelfahrt erreichte Robel Athen und 2375 Kilometer lagen hinter ihm. Der Flug nach Kairo dauerte 90 Minuten. Aus den Reifen musste vor dem Abflug die Luft rausgelassen und der Lenker verpackungsgerecht ummontiert werden. Als die Verkehrstüchtigkeit des Rades wieder hergestellt war, gab es einen Abstecher zu den vor 4500 Jahren errichteten Pyramiden. Dort kam Robel mit einer Gruppe von Muslimen ins Gespräch. Diese interessierten sich für das Leben in Deutschland. Über dieses, auch das christliche, berichtete er ihnen. Danach führte der Weg weiter nach Suez, zur Halbinsel Sinai mit fast unerträglich hohen Temperaturen. Magenkrämpfe, Übelkeit ... Ein Mittagsschläfchen machte Robel in einer der "Bars", die eher den Namen Fahrradschuppen verdient hätten. Trotz der Strapazen, 130 Kilometer am Tag sollten nicht unterschritten werden.

20. Mai: Ankunft am Golf von Suez, dann ging es weiter zum Katharinenkloster. Dort, am ältesten Kloster der Welt, legte Robel einen Ruhetag ein. Im Jahr 330 nach Christus hatte die heilige Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, hier zunächst eine Kapelle bauen lassen. Sogar Mohammed sicherte dem Kloster 625 Schutz zu. Im 18. Jahrhundert lebten hier noch 220 Mönche.

Weiter führt der Weg an den Ort, der im Buch Exodus für die Begegnung zwischen Gott im brennenden Dornbusch und Moses genannt wird: 2285 Meter südlich des Katharinenklosters der Berg Horeb. Zerklüftete Steine, Geröll, hier hat Moses die Tafeln mit den Zehn Geboten empfangen.

Mit dieser Bescheinigung reiste Robel. Sie öffnet ihm mitunter sich die letzten Türen.

Vier Tage später kommt Robel am Golf von Akaba an, auch Golf von Elat genannt. Hier trifft der Reisende auf einige Beduinenstämme, deren bittere Armut fällt ihm auf. Aber die Kinderaugen strahlen. Am Abend dieses Tages erreicht Robel die Grenze zu Israel. Es sind noch 246 Kilometer bis Jerusalem. Merkwürdige Verkehrsschilder säumen die staubigen Straßen, beispielsweise das rot umrandete Dreieck mit dem Kamel: Es steht für Wild- oder Kamelwechsel. Am 26. Mai erreicht Robel das Tote Meer, das sich über eine Länge von 75 Kilometern erstreckt und 417 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Jerusalem liegt 700 Meter darüber und so kommt die schwerste und zugleich auch die längste Etappe, von 206 Kilometern auf ihn zu. Vorher aber ein Nachtlager, wie so oft schon zuvor, unter freiem Himmel. "Pfingss onntag um vier Uhr war die Nacht für mich vorbei." Im St.-Charles-Hospital bezieht er Quartier, auf dem Zion feiert er die heilige Messe mit.

Robels Weg führt weiter nach Nazareth, zur Verkündigungskirche. "Denn für Gott ist nichts unmöglich." Die Worte des Erzengels Gabriel erhielten für den Fahrradpilger, der es mit nur einer Fahrradpanne über die lange Strecke von 3417 Kilometern geschafft hatte, eine neue Bedeutung. "Überall haben sich mir auf wundersame Weise Türen geöffnet, selbst in der Verkündigungskirche. Das Gitter war verschlossen, schon begann ich mich zu ärgern, da kam ein Franziskanerpater. Er wollte die Blumen richten und öffnete das Gitter. Ich habe ihn am Ärmel gezupft und konnte danach allein an der Stelle beten, an der die heilige Jungfrau Maria die Botschaft des Erzengels Gabriel empfing."

Der Weg führt weiter zur Pater- Noster-Kirche. An dieser Stelle soll Jesus die Jünger das Vaterunser gelehrt haben. Es ist dort in 148 Sprachen auf 148 Tafeln zu lesen. Gerhard Robel sorgte unverzüglich dafür, dass eine 149. Tafel hinzukam, mit dem "Vater unser" in Sorbisch. Robels Weg führte schließlich noch bis nach Golgota.

Die Rückreise verlief unspektakulär: Flug am Abend des 31. Mai von Tel Aviv nach Berlin, Ankunft dort am nächsten Morgen. Und am Abend um 18 Uhr endete die Fahrrad-Pilgertour wie sie begonnen hatte - mit der Mitfeier der heiligen Messe in der Wallfahrtskirche in Rosenthal, voller Dank für Gottes Führung und Geleit.

Von Raphael Schmidt