Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Anstoß

"Omnes Brokkoli" und das "heilige Geißlein"

Was können die Erwachsenen von Kindern in Sachen Glaubensverkündigung lernen? Eine ganze Menge, meint Guido Erbrich aus Bautzen.

Guido Erbrich

Im Kindergarten: "Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geißleins, Amen", betet, unbemerkt von den Erzieherinnen, ein kleines Mädchen, als alle das Kreuzzeichen machen. Die liebe Kleine kommt aus keinem christlichen Elternhaus, woher soll sie es wissen? Also betet sie, was sie kennt und worunter sie sich etwas vorstellen kann.

Der erste Gedanke ist natürlich, wie die Kindergärtnerinnen diesen sympathischen Fehler korrigieren müssen. Ich bin mir sicher, ihnen fällt da schnell etwas ein. Aber viel Spannender ist doch die Frage: Was können wir Großen hier von der Kleinen lernen?

Das ist eine Menge:

Erstens: Die Glaubensverkündigung soll an Bekanntem ansetzen. Schließlich ist das, was wir kennen der Startpunkt jeder guten Verkündigung. Theologen sagen dazu "der Sitz im Leben". Dann geht es Schritt für Schritt tiefer in die Geheimnisse des Glaubens. Klingt leicht, ist aber oft schwerer als wir denken.

Zweitens: Worte sprechen, die Menschen heute verstehen. Unsere kirchliche Sprache kommt uns da mitunter in die Quere, denn oft gelingt es ihr eher, das Geheimnis Gottes noch tiefer zu verbergen. Die großen Wahrheiten sind ganz einfach, sagte schon Albert Einstein. Für ihn ist es ein Hinweis, der Wahrheit nah zu sein, wenn sich etwas in einer einfachen und kurzen Formel wiedergeben lässt. "Gott, ich hab dich lieb" zu sagen, ist für uns Große wahrscheinlich sogar viel schwieriger als für Kinder.

Drittens: Gott in allen Dingen sehen. Auch dies ist nicht so nebenbei zu schaffen. Denn lieber denken wir Gott in abstrakten Modellen und "irgendwie anders", als ihn überall zu suchen und zu finden. Gott in allen Dingen zu sehen lädt ein, auf die Wunder der Schöpfung zu schauen; staunen zu können über Kleinigkeiten; sich zu freuen über Schönes und Gelungenes. Gott in allen Dingen sehen heißt auch, bei ihm Trost zu suchen, Angst und Tod seinen liebenden Händen anzuvertrauen.

Viertens: Sich von Gott geliebt wissen. Das lässt uns auch darauf vertrauen, dass er niemanden wegschickt. Vielleicht hat Jesus das gemeint, als er seinen Jünger nklarmachte, dass sie die Kinder nicht von ihm fernhalten sollen. Im Gegenteil, gerade sie lädt er zu sich. Wahrscheinlich weil Kinder für den Direktkontakt Gottes die besseren Ohren, Herzen und Münder haben. Da können wir Großen noch etwas lernen oder gar wiederentdecken. "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, gelangt ihr nicht ins Himmelreich."

Fünftens: Sich von Gott anstiften lassen. Ungerechtigkeit und Unfriede sollten wir als Provokation und Anstoß zum Handeln empfinden. Denn diese Welt etwas besser zu machen, ist auch meine Aufgabe. Soweit haben es die Kinder leichter. Denn die glauben das leichter als wir.

Sechstens: Gott ab und zu mal etwas sagen. Danke zum Beispiel oder genau das, was mir in der Seele brennt. Mit Gott zu sprechen geht einfach und in allen Situationen. Gott zu loben, geht hier natürlich auch. Und damit kommen wir zurück zum Kindermund.

Diesmal zum Kinderchor. Hier singen die Kleinen das Lied: Laudate dominum". Bei den Worten "omnes populi" angekommen ,klingt es beim genauen Hinhören aus den Mündern der Vier- bis Achtjährigen: Omnes Brokkoli. Das singen sie laut und sicher aus voller Kehle. Wobei wir wieder beim Startpunkt aller Verkündigung angelangt sind. Zweifelsohne lächeln über "omnes Brokkoli" die Engel, und die Menschen, deren Glauben nicht allzu verbiestert geworden ist. Wer nicht darüber lächeln kann, sollte Brokkoli essen; der ist wenigstens gesund.

Guido Erbrich, Bautzen

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps