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Anstoß

Himmlische Stadt - Entdeckung in Hildesheim

Wie Menschen sich vor 1000 Jahren den Himmel vorgestellt haben, zeigen die Künstler, die den Heziloleuchter im Hildesheimer Dom geschaffen haben. Welche Gedanken sich Kaplan Marko Dutzschke aus Cottbus bei seinem Anblick gemacht hat, beschreibt er in diesem Anstoss.

Marko Dutzschke

Über meinem Küchentisch hängt ein runder Kerzenleuchter, den ich leider viel zu wenig nutze. Vor einiger Zeit habe ich den großen Bruder dazu im Mariendom in Hildesheim gefunden; einen riesigen, mittelalterlichen Radleuchter mit einem Durchmesser von sechs Metern. Der sogenannte Heziloleuchter wurde nach seinem Stifter, Bischof Hezilo (1045 bis 1079), benannt. Dieser Leuchter soll ein Bild für die Heilige Stadt, das neue Jerusalem sein, wie es in der Offenbarung des Johannes beschrieben wird. Eine Stadt mit einer großen und hohen Mauer, mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf, die von der Herrlichkeit Gottes erleuchtet wird. Viele Menschen im Mittelalter träumten davon, am Ende ihres Daseins in die himmlische Stadt zu gelangen. Für diesen Traum haben Kunstschmiede vor fast 1000 Jahren das Bild vom himmlischen Jerusalem geschaffen.

Den Traum vom Himmel gibt es immer noch. Viele Menschen fahren weit weg in den Urlaub. Ich glaube, sie suchen ein Stück vom Himmel, wenn sie auf hohe Berge steigen, um die Aussicht zu genießen oder an der Südsee sitzen, um unter Palmen auf den Sonnenuntergang warten. Nur in der Kirche suchen die Menschen nicht mehr danach. Dabei ist der Himmel immer noch dort zu finden. Auch wenn er nicht überall so auffällt wie im Dom von Hildesheim. Der Heziloleuchter hängt heute über dem Altar, so dass er von Besuchern bestaunt und bewundert werden kann, ein himmlischer Anblick. Das war nicht immer so. Früher hing er mitten in der Kirche direkt über der Gemeinde. In den kommenden Jahren soll der Dom restauriert werden und dann wird auch der Leuchter wieder an seinen ursprünglichen Platz wandern.

Das freut mich, denn so wird deutlich, was die himmlische Stadt in Wirklichkeit ist. Das Reich Gottes, von dem Jesus sagt, dass wir es nicht an äußeren Zeichen erkennen können, obwohl es schon mitten unter uns ist (Lukas 17,20- 21). Die Stadt Gottes ist nicht an einem fernen Ort zu finden und sie ist auch nicht ein Preis, den wir uns verdienen müssen. Sie ist überall, wo es Gemeinden gibt, in denen Menschen miteinander leben und ihr Leben im Licht Gottes deuten.

Laut Statistik bleiben immer mehr Menschen im Urlaub zu Hause, um ihre Heimat besser kennenzulernen. Hildesheim ist mit seinen romanischen Kirchen und dem Leuchter von Bischof Hezilo sicher eine Reise wert. Ich bin froh, dass dieser weiße Fleck auf meiner Karte von Deutschland verschwunden ist. Aber noch mehr freut mich, dass wir nicht ängstlich auf den Himmel warten müssen, weil er überall ist, wo wir es miteinander und mit Gott versuchen.

Kaplan Marko Dutzschke
aus Cottbus

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