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Anstoß

Flatrate

Wir leben in einer Flatrate-Gesellschaft - immer und überall jedes Bedürfnis erfüllen. P. Bernhard Kohl aus Leipzig setzt in seinem Anstoss dagegen eine "Ruhe-Flatrate" mit einem Text aus den Seligpreisungen.

Pater Bernhard Kohl

Flatrates, die unbegrenzte Inanspruchnahme einer Dienstleistung oder eines Produkts für einen einmalig zu entrichtenden Geldbetrag, sind sehr aktuell: Telefonanbieter offerieren die "unbegrenzte Redefreiheit", bei Jugendlichen feiert das "Flatrate- Saufen" fröhliche Urständ und in den vergangenen Tagen konnte eine geplante "Bordell-Flatrate" gerichtlich im letzten Moment noch gestoppt werden.

Dabei erregt gerade die Diskussion um solche Verbote viel öffentliche Aufmerksamkeit, da sie scheinbar nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheinen. Sie stoßen mit unserem modernen Verständnis von Freiheit, mit der stetigen Ausweitung von vermeintlichen Freiheitsräumen zusammen. Freiheit wird zunehmend verstanden als unbegrenzter Zugang zu Konsumangeboten jeglicher Couleur. Während es Zeiten gab, in denen Geschäfte sonnabends mittags schlossen, gehört es mittlerweile zum Lebensstil, in Innenstädten oder auf Bahnhöfen bis spät in den Abend hinein einkaufen zu können. Dass man an einem bestimmten Ort oder zu einer bestimmten Zeit einmal etwas nicht bekommen kann, gilt nicht mehr länger als normale und naturgegebene Einschränkung, sondern als Rückständigkeit, die es tunlichst zu überwinden gilt. Zu dieser Entwicklung tragen wir selber bei, beispielsweise mit Handy oder Internet. Wer solche Geräte nicht besitzt oder keinen Zugang dazu hat, dem droht beinahe die soziale Ächtung. Dabei scheint die ständige Verfügbarkeit von Konsumgütern und Informationen nur noch ein Ziel zu kennen: die zeit- und ortlose Bedürfnisbefriedigung. So bewegt sich die Gesellschaft immer weiter in Richtung einer ewigen Jagd nach unbegrenztem Zugriff auf alles und jeden: die "Lebens-Flatrate".

Ich bin bestimmt kein Gegner moderner Technologien, genieße manchmal den Luxus noch am Abend etwas einkaufen zu können und kann mich für die Vorteile des Internets begeistern. Spätestens aber, wenn ich mich unterwegs oder im Urlaub dabei erwische, dass ich wieder einmal verzweifelt nach einer Möglichkeit suche, meine E-Mails lesen zu können, fällt mir der wunderschöne Text aus den Seligpreisungen ein. Er wirkt wie eine "Ruhe-Flatrate":

"Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung? Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht. Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben. Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen." (Mt 6,25-34)

Pater Bernhard Kohl,
Kloster St. Albert in Leipzig

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