Anstoß
Den Schuh zieh ich mir an
Was haben Tevas-Sandalen mit Gott dem Vater zu tun? Gemeindereferentin Angela Degenhardt aus Sangerhausen erklärt es in ihrem Anstoß.
Seit ich sie kenne, sind meine "Tevas" für mich feste Sommerbegleiter geworden. Robust, im Aufbau gut durchdacht und absolut bequem bin ich mit ihnen über Stock und Stein, sogar durchs Wasser gut zu Fuß.
Auf der Heimreise aus Litauen führten sie zur Abwechslung meine Gedanken auf überraschende Wege, die wohl nicht im Blickfeld des Erfinders dieser ungemein praktischen Sandalen lagen.
Der Name Teva kommt zunächst eigentlich aus dem Hebräischen und bedeutet "Natur". Für Outdoor-Begeisterte ist er zu einem Synonym der "Sandale für Draußen" geworden. Auch im Litauischen gibt es das Wort "tevas" und dort bedeutet es Vater - diese Wortähnlichkeit ließ viele Bilder in mir aufsteigen.
Ich laufe sozusagen in des Vaters Schuhen, messe meine Schritte an seinem Maß. Wenn ein Kind im Spiel in Vaters Schuhe schlüpft, sind sie ihm natürlich einige Nummern zu groß und man lächelt darüber. Menschen wiederum, die auf der Flucht alles verloren haben, erfahren sehr schmerzhaft, wie quälend es ist, in fremden, nicht passenden Schuhen laufen zu müssen.
Und weiter sagt ein indianisches Sprichwort, man könne erst über einen Menschen urteilen, wenn man zwei Meilen in seinen Schuhen gelaufen sei. Erst wenn ich in des anderen Situation gesteckt habe, kann ich wirklich ermessen, was ihn bewegt und weiß, wo ihn der Schuh drückt.
Auf Vaters Sohlen unterwegs sein, ist ein schönes Bild: Jeder Mensch übernimmt Sichtweisen, Erfahrungen und auch Eigenheiten von seinen leiblichen Eltern. Er zieht sich ihre Schuhe an, wächst hinein und tritt sie auf seine Weise aus, denn letztlich kann er sich nur den Schuh anziehen, der ihm auch passt, um gut auf dem Weg zu sein. Auch der Glaube wird dem Menschen von "den Vätern" (und Müttern - tevai sind im Litauischen die Eltern) weitergegeben. Oft ist er zunächst wie ein Paar zu große Schuhe, sehr wohl geeignet, auch schwierige Wege zu bewältigen - aber sie sind eben auch noch lange zu groß. Es braucht vielleicht den ganzen Lebensweg, um wirklich hineinzuwachsen.
Als Kind habe ich manchmal die Redensart gehört: Komm erst mal in meine Schuhgröße, dann sehen wir weiter! Aber: Der Vater in dessen Fußspuren ich treten, ja hineinwachsen soll, ist Gott. Er sieht schon vor allem Anfang weiter, sieht mein Bild in sich - sein Ebenbild in mir, lässt mich in seinen Spuren gehen und geht zugleich jeden Schritt mit. Er passt sich uns Menschen an, indem er einer von uns wird, auf dass wir mit seinem Maß Schritt halten lernen (Lk 6,36).
Angela Degenhardt
Gemeindereferentin in Sangerhausen