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Steine zum Sprechen bringen

Junge Christen aus drei europäischen Ländern führen durch Halberstädter Kirchen

Halberstadt. Wer derzeit in Halberstadt den Dom oder die Burchardi-Kirche mit ihrem John-Cage-Orgel-Kunst- Projekt besucht, trifft auf Studenten aus Großbritannien, Holland und Luxemburg. Die vier jungen Leute wollen besonders fremdsprachigen Besuchern die Kirchen als Orte des Glaubens nahe bringen.

Touristen am ARC-Stand im Halberstädter Dom. Neben den beiden Gästen von links die Vorsitzende des ARC Deutschland, Anja Giesecke, Elly de Dood (20) aus Luxemburg und Alex McCrindle (19) aus Rugby.

"Making stones talk. Steine zum Sprechen bringen. Faire parler les pierres ..." Dieses Leitwort versuchen die jungen Leute von ARC bei ihrem ehrenamtlichen Dienst zu verwirklichen. "ARC steht für Accueil - Rencontre - Communauté (Empfang - Begegnung - Gemeinschaft)" und ist eine internationale ökumenische Organisation von Studenten, die in den Sommermonaten Führungen in bedeutenden europäischen Kirchen anbietet", erläutert die Vorsitzende von ARC in Deutschland, Anja Giesecke. "Unser Anliegen ist es, den Besuchern in ihrer Muttersprache die Kirchen aus christlicher Perspektive zu erschließen. Wir wollen sie nicht als Museen und in erster Linie als Kunsterwerk, sondern als lebendige Häuser Gottes zeigen und so die ,Steine zum Sprechen bringen‘."

Kirchen als lebendige Gotteshäuser erschließen

Elly de Dood (20) aus Luxemburg ist eine der vier Studenten, die jetzt für vier Wochen in Halberstadt sind. Gemeinsam mit Alex McCrindle (19) und Emily Lindsey (20) aus Großbritannien und Hans- Peter Bartels (21) aus den Niederlanden empfängt sie im Dom und in der Burchardi-Kirche mit dem John-Cage-Orgel-Kunst-Projekt interessierte Besucher. Und auf Nachfrage führen die Studenten auch in die unweit vom Dom gelegene romanische Liebfrauenkirche. Am Eingang der Gotteshäuser haben sie kleine Stände aufgebaut, an denen sie mit Info-Tafeln und Flyern auf ihr mehrsprachiges Angebot hinweisen.

"Als wir vor zwei Wochen ankamen, standen für uns selbst zunächst drei Tage lang Führungen durch Kirchen und die Stadt auf dem Programm", erzählt Elly (20) in bestem Deutsch. "Schließlich mussten wir ja selbst erst einmal viel erfahren, um dann Besuchern Auskunft geben zu können." Alle vier tun dies möglichst in der Muttersprachen der Gäste.

"Wir haben die Möglichkeit, zum Beispiel mit einer Familie, einem Paar oder auch Einzelbesuchern allein durch die Kirche zu gehen und auf ihre persönlichen Fragen einzugehen", sagt Elly. Immer wieder kämen Deutsche mit englischsprachigen Gästen, hat die junge Frau bislang beobachtet. Aber auch Holländer seien unter den Touristen. "Manche Besucher wollen von uns nur knapp eine Frage beantwortet haben. Andere sind dankbar, wenn wir mit ihnen durch die Kirchen gehen."

Ehrenamtlicher Dienst und Gewinn fürs eigene Leben

Elly und die anderen sind jeweils von Mittwoch bis Sonntag im Dienst. Montag und Dienstag haben sie frei und Gelegenheit, sich selbst umzusehen, aber auch die Angebote ihrer Gastgeber wahrzunehmen. Für die vier Studenten hieß dies zum Beispiel auch, sich auf die Spuren jüdischen Lebens in Halberstadt zu begeben oder Erfurt mit seinem Domberg und den vielen anderen Kirchen kennenzulernen. In Erfurt sind ebenfalls junge Leute von ARC tätig (Tag des Herrn berichtete).

"In Deutschland ist unser Verein seit 20 Jahren aktiv", sagt Anja Giesecke, die aus der Nähe von Halberstadt stammt und selbst Studentin ist. Die Idee für die Aktion sei aber bereits in den 1960er Jahren in Frankreich entstanden. Darüber hinaus bietet ARC seine Dienste auch in Kirchen Italiens, Großbritanniens, in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden an. In Spanien gebe es etwas Vergleichbares.

Auch die jungen Leute, die jetzt in Halberstadt sind, leisten ihren Dienst ehrenamtlich. Die Anreise haben sie selbst bezahlt. Ihre gemeinschaftliche Unterbringung hat der Religionslehrer Jörg Spix vom John-Cage-Förderverein im Herrenhaus des Burchardi-Klosters organisiert. Er hat das Projekt in Halberstadt auf die Beine gestellt und betreut es. Für die Verpflegung sorgen die Kirchen. Beispielsweise essen die Studenten jeden Tag bei den Franziskanern Mittag. Die Kosten für die Ausflüge tragen ebenfalls die Kirchen. Unkompliziert und umsonst können die Studenten die Museen und ähnlichen Einrichtungen Halberstadts besuchen.

Fest zum Programm gehört es auch, dass die Teilnehmer an Gottesdiensten in den Gemeinden teilnehmen. So haben sie sich bei einem stadtweiten evangelischen Gottesdienst in Liebfrauen vorgestellt und werden dies an diesem Sonntag auch im katholischen Gottesdienst tun.

"Wir freuen uns, durch unseren Einsatz hier ein Stück Deutschland kennenlernen zu können", sagt Hans-Peter. Während Alex aus dem britischen Rugby von ARC nach Halberstadt geschickt wurde, hat sich Hans-Peter, der aus einem kleinen Ort bei Amsterdam stammt, von sich aus für die alte Bischofsstadt entschieden.

Viele der ARC-Mitstreiter sind zwar Studenten, ein Studium ist aber nicht Voraussetzung. Interessierte zwischen 18 und 30 Jahren können sich melden. Anja Giesecke: "Wer bei ARC mitmachen will, sollte mit unseren christlichen Ideen und Anliegen übereinstimmen, aber auch viel Offenheit und die Fähigkeit mitbringen, auf Menschen zu gehen zu können. Dann kann es gelingen, die Steine zum Sprechen zu bringen."

Von Eckhard Pohl

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