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Anstoß

Rechts abbiegen verboten

Vielerorts hängen zurzeit die Straßenlaternen voll mit bunten Wahlplakaten. Sie zeigen 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution, dass wir in einer Demokratie leben. Die Plakate der äußersten Rechten findet Guido Erbrich (Bautzen) allerdings abstoßend. Christen sollten bei den Wahlen mit ihrer Stimme deutlich machen, dass für Ausländerhass, Intoleranz und billige Politikerschelte kein Platz in unserem Land, in unserer Welt sein darf.

Guido Erbrich

"Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, abgesehen von denen, die wir schon vorher ausprobiert haben." Das Zitat stammt von Winston Churchill. Der war kein unumstrittener Politiker und alles andere als ein Heiliger. Aber hier hat der grantelnde, Zigarre rauchende Brite einfach recht. Bei allem, was an der Demokratie zu bemängeln ist, besser als die anderen Staatsformen ist sie allemal, weil ich die Wahl habe.

Also ein Lob auf die Demokratie, denn es ist mal wieder soweit: Wahlzeit. Im bunten deutschen Parteienmix kämpfen eine große Anzahl Parteien und Gruppierungen um Sitze in den Parlamenten. Kein Vergleich mehr zu den trögen Einheitswahlen der DDR. Dass wir nun seit 20 Jahren selber mitentscheiden können, über welche Politiker wir uns ärgern oder freuen können, ist wirklich eine "Super Sache", nicht nur im Super-Wahljahr.

Und so sind derzeit die Straßenlaternen vielerorts vollgehängt mit bunten Plakaten und mehr oder weniger schlauen Sprüchen. Allerdings stoßen mich manche Sprüche regelrecht ab. Vor allem auf den Plakaten der äußersten Rechten soll abgestraft, höchstbestraft, abgewrackt und protestiert werden. In Görlitz wollen sie die "Poleninvasion stoppen". Die Ausländer sollen raus, den sächsischen Ministerpräsidenten wollen sie abwracken, Kinderschänder sollen die Höchststrafe bekommen und der Wahlzettel soll ein Strafzettel sein. Mal angenommen, diese Partei käme wirklich ans Ruder, bräuchte sie wieder Arbeitslager und Vertreibungswellen in unserem Land, um das auf den Plakaten angekündigte durchzusetzen.

"Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen." Das kommt auch aus dem Mund von Winston Churchill. Dass dies den meisten Menschen schwerfällt, zeigt auch, mit welchen Schwierigkeiten Demokratie zu kämpfen hat. Aber dieses gelegentliche Akzeptieren einer anderen Meinung ist die Voraussetzung für das Leben in einer freien Gesellschaft. Viele in unserem Land haben das begriffen und zeigen rechten Extremisten die Rote Karte. Dazu gehört manchmal auch eine gehörige Portion Mut.

Weniger Mut gehört dazu wählen zu gehen. Für uns Christen sollte das eine Selbstverständlichkeit sein. Es gibt genügend demokratische Parteien, die mit gutem Gewissen zu wählen sind - ob sie sich nun christlich nennen oder nicht. Hier können wir Christen "bunt durch den Gemüsegarten" einer demokratischen Vielfalt wählen. Und jede dieser Stimme macht deutlich, dass für Ausländerhass, Intoleranz und billige Politikerschelte kein Platz in unserem Land, in unserer Welt sein darf.

Wenn auf einem NPD-Plakat der Revolutionsslogan von 1989 "Wir sind das Volk" steht, ist das eine Beleidigung für viele, die damals auf die Straße gingen. Denn das war 1989 eine bunte und gemischte Gemeinschaft. Diese mutigen und friedlichen Revolutionäre hatten unterschiedliche Ansichten, nicht nur politisch. Aber sie einte, dass sie einfach nicht mehr wollten, dass eine Einheitspartei mit dem Anspruch der absoluten Wahrheit über sie herrscht und gegebenfalls für dumm verkauft.

Deshalb die Bitte: Gehen Sie wählen. Damit wir auch in Zukunft wie Winston Churchill sagen können: "Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe."

Guido Erbrich, Bautzen

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