"Das ist ein Schlag ins Gesicht"
Der Aktionskreis Görlitz wehrt sich gegen polenfeindliche NPD-Plakate
Görlitz. "Polen-Invasion stoppen" steht auf Wahlplakaten der NPD in Görlitz. Eine Initiative von Bürgern der Stadt hat darauf reagiert und eine Plakataktion "Görlitz sagt Nein zur NPD" gestartet.
"Das war ein Schlag ins Gesicht", sagt Joachim Rudolph. Und irgendwie musste er darauf reagieren. Während ihres Landtagswahlkampfes hatte die NPD in der Stadt Plakate mit der Aufschrift "Polen-Invasion stoppen" aufgehängt. Die ersten gleich unmittelbar hinter dem Grenzübergang.
Joachim Rudolph - er leitet das katholische Bildungshaus St. Wenzeslausstift in Jauernick - ist einer von denen, die sich seit Jahren um grenzüberschreitende Kontakte ins polnische Zgorze-lec bemühen. Er ist Vorsitzender des Aktionskreises für Görlitz, einem überparteilichen und überkonfessionellen Verein mit etwa 300 Mitgliedern. Entstanden ist er kurz nach der Wende unter dem Namen "Rettet die Stadt Görlitz". "Damals haben wir uns für den Wiederaufbau unserer Stadt engagiert", erklärt Joachim Rudolph. Heute, nachdem weite Teile der Stadt in neuem Glanz erstrahlen, geht es dem Aktionskreis um bürgerschaftliches Engagement zum Wohle der Stadt.
Grenzüberschreitende Kontakte sind wesentlich
"Ein wesentlicher Programmbaustein unserer Tätigkeit sind grenzüberschreitende Kontakte", sagt Joachim Rudolph. "Görlitz und Zgorcelez verstehen sich ja zusammen als Europastadt und das beginnt bei gut nachbarschaftlichem Miteinander. Die Stadt soll zusammenwachsen durch die Menschen. Und das geschieht auch." Beispiel dafür sind nicht nur die polnischen Familien, die inzwischen im deutschen Görlitz leben, oder die alle vier Jahre stattfindende gemeinsame Fronleichnamsprozession, sondern auch die Aktivitäten des Aktionskreises: So bezahlt der Verein den Besuch polnischer Schuklklassen im Görlitzer Naturkundemuseum und er ist Schirmherr des Görlitzer Adventskalenders, bei dem im Advent an jedem Abend eine Tür an einem Haus in der Stadt geöffnet wird - auch an Häusern in Zgorzelec.
"Das alles wird jetzt gestört, wenn nicht gar zerstört durch die NPD-Parole. Damit ist der Bogen überspannt", sagt Joachim Rudolph. Zwar sei die NPD eine zugelassene Partei und man müsse sich mit ihr auf rechtsstaatliche Art und Weise auseinandersetzen, aber: "Gegen eine solch bewusste völkerverhetzende Kampagne wollten wir Görlitzer ein Zeichen setzen".
Und dieses Zeichen kam schnell: An einem Donnerstag wurden die NPD-Plakate aufgehängt. Am Freitag hat der Aktionskreis seine Plakataktion beschlossen. Der Druck der 400 Plakate wurden von der Maxroi-Druckerei gesponsort. Und am Montag wurden die "Görlitz sagt Nein zur NPD"-Plakate aufgehängt. "Wir haben das mit Profis gemacht, weil diese die entsprechenden Stellen kennen und über das Know-How zum richtigen Plakatieren verfügen", erklärt Joachim Rudolph. Seitdem hängen neben vielen NPD-Plakaten die Plakate des Aktionskreises.
Sogar in Warschau ist man beeindruckt
"Wir leben hier an einer sehr sensiblen Grenze", sagt Joachim Rudolph. Zu belastet ist das deutsch-polnische Verhältnis durch die Geschichte. Was in diesen Tagen in Görlitz passiert, wird sogar in Warschau beobachtet, wie ihm kürzlich eine polnische Journalistin sagte. Dort zeige man sich beeindruckt, dass die Görlitzer aufgestanden sind. Übrigens nicht zum ersten Mal. Bereits bei den Kommunalwahlen im Frühjahr hatten viele bei einer Aktion "Gesichts zeigen gegen rechts" der Sächsischen Zeitung mitgemacht. Diese und die jetzige Aktion - und dafür ist Joachim Rudolph besonders dankbar - werden auch tatkräftig von beiden Kirchen unterstützt, die sich damit politisch sehr eindeutig positioniert haben.
Joachim Rudolph hat viele positive Reaktionen erhalten. Ein Zeichen dafür sind die Spenden. Davon sollen die 1500 Euro bezahlt werden, die das Plakatieren gekostet hat. Und dann wird noch Geld übrigbleiben, das der Verein in die Förderung weiterer grenzüberschreitender Projekte stecken will.
"Natürlich gibt es auch Reaktionen, die die Aktion ablehnen", berichtet Joachim Rudolph. "Manche meinen, dadurch erhalte die NPD erst richtige Aufmerksamkeit, denn inzwischen berichten große Zeitungen und das Fernsehen. Andere Kritiker haben negative Erfahrungen mit Polen gemacht. "Natürlich übersehe ich nicht die Probleme, die es zwischen Deutschen und Polen gibt und die die NPD geschickt aufgreift. Aber diese Probleme lösen wir nicht durch Parolen, die die demokratischen Spielregeln verletzen, sondern durch Handeln."
Übrigens wehrt sich natürlich auch die NPD gegen die Plakate und hat eine entsprechende Beschwerde an die Stadt gerichtet. Joachim Rudolph ist sich durchaus bewusst, dass Mut dazu gehört, Gesicht gegen rechts zu zeigen. Aber - und da nimmt er viel Motivation aus seinem Glauben - Christen müssen hier klar Position beziehen."
Von Matthias Holluba