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Anstoß

Über andere gut denken und sprechen

Schlechte Taten fangen im Kopf an. Und wer über einen anderen gut sprechen will, muss zuerst gut über ihn denken, schreibt Sr. Susanne Schneider aus Leipzig.

Schwester Susanne Schneider

Anlässlich des 800. Geburtstages von Elisabeth von Thüringen startete das Bistum Erfurt viele interessante Aktionen. Unter anderem wurden über 200 Menschen befragt, was die wichtigsten Werke der Barmherzigkeit für unsere Zeit wären. Daraus entstanden die Werke der Barmherzigkeit für Thüringen heute. Eines dieser Werke lautet: "Du gehörst dazu. Ich höre dir zu, ich rede gut über dich ..."

Über andere gut reden - das kann man wohl nur, wenn man vorher über andere gut denkt! Denn schlechte Taten fangen im Kopf an. Das bestätigen viele unterschiedliche Kommunikationsund Moralsysteme. Und auch der christliche Glaube sieht den Menschen als Einheit von Physischem, Psyche und Sozialem: Im Schuldbekenntnis heißt es, wir sündigten in Gedanken, Worten und Werken. Hier ist in klarer Reihenfolge aufgelistet, dass böse Taten aus einem bösen Herzen kommen. Auch Jesus betont diesen Zusammenhang oft: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen, denn ein guter Baum bringt gute Früchte hervor und ein schlechter Baum schlechte Früchte (vgl. Mt. 7,16- 19). Oder noch deutlicher: Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil in seinem Herzen Gutes ist und ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil in seinem Herzen Böses ist. (Lk 6,45)

Doch wie kommt man von einem guten Denken zu einem guten Reden und dann zu einem guten Handeln?

Um gute Gedanken über andere Menschen zu denken, schlage ich eine Übung vor: Ich stelle mir vor, was ich dem Menschen, mit dem ich mich schwer tue, alles verdanke. Dabei merke ich (hoffentlich) sofort, dass ich keineswegs so autark und unabhängig bin, wie ich gerne wäre. Ich lebe mit und durch andere. Andere Menschen haben andere Erfahrungen, andere Lebensgeschichten und andere Wertmaßstäbe. Ich kann nicht davon ausgehen, dass ich immer im Besitz der Wahrheit bin. Ein letztes Urteil über den anderen steht mir nicht zu.

Wenn ich über andere gut denke (und rede), nützt das letztlich auch mir selbst. Wir alle kennen wohl Menschen, bei denen das nicht so ist: Sie sind mit der Welt und den anderen in Streit und müssen dauernd schimpfen und klagen. Wie wohltuend ist dagegen jemand, der mit der Umwelt in Frieden lebt. Das bedeutet nicht, dass er alles gut heißen muss, was andere tun. Doch das bedeutet, dass er auch Grautöne sehen kann und das Positive an den anderen wahrnimmt. Er sieht die anderen so, wie er selbst gesehen werden möchte und wie Gott uns sieht - mit einem Vorschuss an Vertrauen, Güte und Barmherzigkeit.


Schwester Susanne Schneider
Missionarinnen ChristiKontaktstelle
Orientierung Leipzig

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