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Raum für Gedanken

Gästebuch der "Orientierung" ausgewertet

Leipzig (ee). Im Raum der Stille der Kontaktstelle "Orientierung" in der Leipziger Hainstraße verweilen durchschnittlich zehn Menschen pro Tag. Nun wurden die Gästebücher der letzten Jahre ausgewertet. In ihrem jüngsten Jahresbericht teilt die Kontaktstelle Beobachtungen mit.

Seit Mitte der 90er Jahre bietet die katholische Kirche mit der "Orientierung" in der Leipziger Innenstadt eine Anlaufstelle für Lebensund Glaubensfragen. Jesuitenpater Hermann Kügler steht hier mit Schwester Susanne Schneider von den Missionarinnen Christi und mehr als dreißig ehrenamtlichen Helfern als Gesprächspartner zur Verfügung für Gäste, die Rat oder einfach ein offenes Ohr suchen. Die Besucher kommen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, Lebensumständen und Weltanschauungen. Vor allem möchte die "Orientierung" Nichtchristen erreichen und ihre Angebote einem breiten Spektrum von Besuchern zugänglich machen. In ihrem Jahresbericht legte die Kontaktstelle nun offen, inwieweit sie diesem Anspruch gerecht wird.

Unter allen Angeboten ist der Raum der Stille nach Einschätzung der Mitarbeiter als Selbstläufer am erfolgreichsten. Vor allem Nichtchristen werden hier erreicht. Sie fühlen sich eingeladen, einzutreten und zu verweilen. Im Raum selber ist kein christliches oder religionsspezifisches Symbol angebracht. Manche hinterlassen im Gästebuch sehr persönliche Botschaften, äußern Dankbarkeit aber auch ihre Fragen und Nöte. Ungefähr die Hälfte der Eintragenden bekennt sich zum Christentum, die anderen entweder zu fernöstlichen Praktiken, der Großteil ist aber ohne erkennbare religiöse Bindung. Ein wesentlicher Anteil der Beiträge stammt von Rat suchenden Menschen und zeugt von massiven Schwierigkeiten und von Depression. Dennoch tragen auch solche Botschaften nicht selten einen gewissen Hoffnungsschimmer in sich.

Die Zeilen im Gästebuch stammen nicht nur von Besuchern, die einmalig vorbeischauen. Nicole zum Beispiel war mehrfach da. Ihr erster Eintrag: "Bin glücklich. Seit 14 Tagen bin ich verliebt. Danke. Mein Freund ist jetzt mit mir hier ... Das größte Geschenk, was Gott uns machen konnte." Fast ein Jahr später: "Bin Nicole (25). Bin seit kurzem Mutter eines Sohnes … " Anderthalb Jahre später schreibt sie: "Morgen habe ich meinen 27. Geburtstag. Bin mit meinem Freund noch zusammen und wir haben ein Kind: Tobias." Auch Jeanine scheint in der Kontaktstelle Rat gefunden zu haben. Monate später rät sie einer verzweifelten Besucherin, sich auch an die Mitarbeiter der Orientierung zu wenden. Das Gästebuch hat eine Eigendynamik entwickelt. Die Eintragenden reagieren aufeinander: "Es wird erst Frieden geben, wenn wir diesen in uns selbst gefunden haben. Ich suche noch. H." - "Ja, H. Ich stimme Dir zu. Ich suche auch noch. Benjamin" Unter den Schreibern scheinen viele junge Menschen zu sein. Sie kommen zum Nachdenken, Philosophieren oder einfach zum Erholen, wie diese zwei: "Antonia und Jule werden öfter kommen … obwohl wir nicht an Gott glauben, nur zum Entspannen. "

Der Raum der Stille ist montags bis freitags von 11 bis19 Uhr und samstags von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Darüber hinaus gibt es in der Kontaktstelle ein vielseitiges Angebot mit Yogakursen, sozial engagierten Projektgruppen und professioneller Beratung.

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