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Verbindlich für Katholiken und Lutheraner

Vor zehn Jahren wurde die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnet

Augsburg/Erfurt. Vor zehn Jahren haben die Katholische Kirche und der Lutherische Weltbund eine gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnet. Die Beiträge auf dieser Seite sind in redaktioneller Kooperation mit den evangelischen Wochenzeitungen der Region entstanden.

Der Erfurter Dogmatiker Josef Freitag.

"Mit der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre gibt es eine klare Verbindlichkeit für Katholiken und Lutheraner in Bezug auf die Frage nach dem Heil", erklärt der Erfurter katholische Dogmatiker Josef Freitag. "Was den Spaltungsgrund zwischen den Kirchen in der Reformation ausmachte, nämlich die Frage der Rechtfertigung, ist mit der Gemeinsamen Erklärung überwunden." Die Rechtfertigungslehre sei Kernstück lutherischen Glaubens erklärt der Theologe: Allein aus Gnade, nicht auf Grund guter Werke erlange der Mensch das Heil, werde er "gerechtfertigt". Dies drücke aus, dass Gottes Zuwendung zum Menschen unverdient, nicht die Folge guter Werke, sondern im Gegenteil erst Befähigung zu guten Werken sei.

Vor genau zehn Jahren am 31. Oktober 1999 wurde dies als Gemeinsame Erklärung in Augsburg feierlich unterzeichnet. Stellvertretend für den Lutherischen Weltbund unterzeichnete der evangelische Theologe Christian Krause, damals Präsident des Lutherischen Weltbundes, und für die katholische Seite Kardinal Edward Cassidy vom Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen. "Der Päpstliche Rat hat das Lehramt der katholischen Kirche vertreten. In den lutherischen Kirchen gibt es keine verbindliche Lehrmeinung. Das heißt konkret, dass der Lutherische Weltbund nicht die eine Stimme der Lutherischen Kirche ist." Darum sei das Zustandekommen dieser Erklärung, mit so breiter Unterstützung aus den Evangelisch- Lutherischen Landessynoden, umso erfreulicher. Im Jahr 2006 unterzeichneten schließlich auch der Weltrat der Methodistischen Kirchen das Dokument.

Josef Freitag: "Das Dokument ist für katholische Christen kein Dogma. Aber auch kein einziger Beschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils ist als Dogma formuliert worden. Und dennoch gilt das Konzil als die höchstverbindliche Lehrinstanz. Daher ist auch diese Erklärung für jeden Gläubigen verbindlich, denn sie ist im Namen der gesamten römisch-katholischen Kirche unterzeichnet worden."

Die Erklärung sei in einem langjährigen Arbeitsprozess gemeinschaftlich mit den Vertretern des Lutherischen Weltbundes formuliert worden, im sogenannten differenzierten Konsens. Dies bedeute, dass sich die Kirchen über die Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre einig seien. In weiteren Fragen gäbe es durchaus noch Unterschiede, "aber diese sind nicht mehr trennend, denn es gibt nun ein gemeinsames Fundament."

Was in den vergangenen Jahrzehnten in der Ökumene gelungen sei, zum Beispiel auf Ebene der Gemeinden, das sei mit der Gemeinsamen Erklärung zwischen den Kirchen als ganzen gelungen. "Dies war das erste konkrete Ergebnis des katholisch-lutherischen Dialogs seit der Reformation", betont Freitag.

Das Neue, was das Dokument nun mitbringe, sei eine neue Haltung, die die Kirchen gegenüber einander einnehmen. "Die Kirchen haben sich mit dieser Erklärung vorgenommen, ab jetzt die Anliegen des anderen bei den eigenen Entscheidungen zu berücksichtigen."

Die Verbindlichkeit eines solchen Dokumentes zeige sich darin, inwieweit es tatsächlich rezipiert wird. "Dazu muss man die Dokumente natürlich überhaupt erst lesen oder kennenlernen", fordert der Dogmatiker. Es sei zehn Jahre nach der Unterzeichnung der Erklärung noch viel Engagement nötig, die Botschaft des Dokuments unter das Volk der Gläubigen zu bringen. "Erst wenn wir es uns zu eigen gemacht haben, können wir über weitere Fragen nachdenken, wie zum Beispiel die gemeinsame Abendmahlsfeier, die Sakramente und die Frage des Amtes." Dabei handele sich vor allem um Fragen, die zuerst innerhalb der lutherischen Kirchen behandelt werden müssten. Dies habe auch das damalige Protestschreiben von 250 evangelischen Theologen gegen die Gemeinsame Erklärung gezeigt: "Die Frage nach der Rechtfertigung ist eine Frage nach der Identität der lutherischen Kirche. Im Dialog der Konfessionen sollten wir uns dessen stets bewusst sein."

Von Elisa Eichberg


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