Vorbild für entschiedenes Leben
Die neu errichtete Pfarrei Halle-Nord hat sich Carl Lampert zum Patron gewählt
Halle. Die neu gegründete Pfarrei Halle-Nord hat sich den österreichischen Priester Carl Lampert als Patron ausgesucht. Der Geistliche war am 13. November 1944 von den Nationalsozialisten in Halle hingerichtet worden. Viele Katholiken vor allem in seiner Heimatdiözese Feldkirch warten auf seine baldige Seligsprechung.
Die Christen der im Juni aus sechs Gemeinden gegründeten neuen Pfarrei Halle-Nord haben ihn sich zum Patron gewählt: Carl Lampert, Priester, Provikar aus der Diözese Feldkirch in Österreich, vor 65 Jahren am 13. November 1944 im Zuchthaus "Roter Ochse" in Halle von den Nationalsozialisten mit dem Fallbeil ermordet. Obwohl die entscheidenden Schritte für seine Seligsprechung absolviert sind, wie es heißt, lässt diese bislang auf sich warten. In seiner Heimatdiözese Feldkirch ist als Termin von 2011 oder 2012 die Rede. In Österreich, aber auch in Halle wird Carl Lampert jedenfalls verehrt und besonders an seinem Todestag an ihn gedacht.
Im Widerstand gegen den NS-Terror
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich wurde Provikar Carl Lampert mehrfach inhaftiert. Der Stellvertreter des Bischofs der Apostolischen Administratur Innsbruck- Feldkirch hatte es gewagt, in einer Zeitung eine Todesanzeige für den im KZ Buchenwald 1940 ermordeten Tiroler Pfarrer Otto Neururer schalten zu lassen. Zudem hatte er sich zum Beispiel bei Radio Vatikan kritisch über die Repressionen der Nazis gegenüber der Kirche in Österreich geäußert. Als er im Sommer 1940 gegen die Aufhebung des Klosters der Ewigen Anbetung in Innsbruck protestiert, wird er ins Konzentrationslager gebracht. Nach seiner Entlassung am 1. August 1941 zwangsweise nach Stettin (Szczecin) verbannt, wird er 1943 wieder verhaftet, in Stettin eingesperrt und schließlich nach Halle gebracht. Ihm und den Priestern Herbert Simoleit und Friedrich Lorenz werden aufgrund der Berichte eines Spitzels Feindbegünstigung, Wehrkraftzersetzung, Rundfunkverbrechen und Spionage vorgeworfen. Das Reichskriegsgericht verurteilt sie in der Folge zweimal zum Tod. Der zuständige Generalstabsrichter Werner Lueben nimmt sich eine Nacht vor der zweiten Urteilsverkündung das Leben. Nach der Bestätigung des Todesurteils durch Admiral Max Bastian werden die drei Priester und mit weiteren Verurteilten am 13. November 1944 in Halle im "Roten Ochsen" mit dem Fallbeil hingerichtet.
"Lampert hat auch jungen Menschen etwas zu sagen"
Die sterblichen Überreste werden in Halle bestattet. 1948 wird die Urne von Carl Lampert in seinen Heimatort Göfis überführt. Doch auch in Halle auf dem Südfriedhof erinnert seit 1966 ein Grabstein an ihn und die mit ihm hingerichteten Seelsorger Friedrich Lorenz und Herbert Simoleit. Zudem befindet sich auf dem Gelände der zur Pfarrei Halle-Nord gehörenden Gemeinde Heilig Kreuz in der Gütchenstraße eine Gedenk-Stele.
"In Heilig Kreuz - und auch in St. Norbert - gibt es von meinem Vorgänger Dr. Claus Herold her die Tradition, um den 13. November herum an Carl Lampert zu erinnern", sagt der Pfarrer der Pfarrei Halle-Nord, Magnus Koschig. Das zu Nazi- und DDR-Zeiten berüchtigte Zuchthaus "Roter Ochse", in dem die Priester hingerichtet wurden, liege schließlich nur zehn Fußweg-Minuten entfernt. Zum 50. Todestag 1994 seien bereits Gäste aus Österreich in Halle gewesen. Und auch des 60. Todestages wurde besonders gedacht.
Dass sich die Pfarrei den Märtyrer Carl Lampert als Patron gewählt hat, sei aber nicht nur Folge der Tradition: "Lampert hat auch jungen Leuten etwas zu sagen", ist der Pfarrer überzeugt. "Auch heute brauchen wir Menschen, die angesichts äußerer Zwänge ihrer inneren Stimme folgen und so deutlich machen: Die Entscheidung aus dem Gewissen ist heilig." So zu leben sei angesichts des allgemeinen Trends, mit dem Strom zu schwimmen, nicht selbstverständlich. "Eine solche Halung fängt bei der bewussten Entscheidung für den christlichen Glauben an. Wer sich entsprechend positioniert, kann auch heute auf viel Missund Unverständnis stoßen", sagt Koschig. Dies gelte zum Beispiel im Blick auf die voranschreitende Aufweichung des Sonntags oder hinsichtlich der Unauflöslichkeit der Ehe. "Carl Lampert jedenfalls hat zu seinem Glauben gestanden trotz der berechtigten Sorge um Leib und Leben", so der Pfarrer. Und: "Hätte er das nicht gemacht, wäre er in seinem Leben nicht mehr glücklich geworden."
Mehr Informationen
Richard Gohm (Hg.): Selig, die um meinetwillen verfolgt werden. Carl Lampert - Ein Opfer der Nazi-Willkür. 1894-1944; Tyrolia-Verlag Insbruck-Wien 2008; ISBN 978-3-7022-2961-0. Zum Leben von Generalstabsrichter Werner Lueben: Edda Ahrberg: In zwei Diktaturen. Eine Familie zwischen Anpassung und Selbstbehauptung; Hg: Der Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Tel. 03 85/73 40 06; ISBN 978-3-933255-24-2. Prälat Wolfgang Knauft, Berlin, hat ausführlich über den "Fall Stettin" gearbeitet.
Von Eckhard Pohl